Marina Hagen-Canaval ist Klimaaktivistin, für Proteste kommt sie regelmäßig von Vorarlberg nach Wien. Im Jänner wurde sie dabei – wegen Verkehrsbehinderung – zweimal von der Wiener Polizei festgenommen und im Anhaltezentrum auf Waffen untersucht. Auch ihre Unterhose musste sie dabei ausziehen. Beim ersten Mal machte sie noch freiwillig mit, bei der zweiten Festnahme verweigerte sie das, wie sie im „Wien heute“-Interview erzählt. „Und die Polizistin sagte: ‚Ich muss.‘ Und ich habe gesagt: Dann muss sie Zwangsgewalt anwenden … Und dann hat sie meine Unterhose genommen und runtergeklappt und meine Vulva und mein Gesäß angeschaut.“
Für Polizei Vorgehen „Usus“
Insgesamt acht weiteren Aktivistinnen und Aktivisten sei es so gegangen, heißt es von der „Letzten Generation“. Einige andere blieben verschont. Die Polizei reagierte auf entsprechende Vorwürfe auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: Dieses Vorgehen sei bei der Untersuchung „Usus“.
Das sieht Rechtsanwalt Clemens Lahner – der schon öfter Klimaaktivistinnen und -aktivisten vertreten hat – völlig anders: „Weil, immer wenn in die Rechte eines Menschen eingegriffen wird, muss eine Abwägung stattfinden: Ist das wirklich nötig? Und wenn das nicht nötig ist, dann ist es rechtswidrig. Und ‚das haben wir immer schon so gemacht‘ ist keine Abwägung.“
Gegenüber „Wien heute“ beruft sich die LPD Wien auf das Sicherheitspolizeigesetz: „Grundsätzlich gilt, dass Personen, die festgenommen worden sind, gem. § 40 des Sicherheitspolizeigesetzes durchsucht werden, um sicherzustellen, dass diese während ihrer Anhaltung weder ihre eigene körperliche Sicherheit noch die anderer gefährden und nicht flüchten.“
„Klima-Kleber“: Vorwürfe gegen Polizei
Für eine Durchsuchung nach ihrer Festnahme mussten sich mehrere Aktivisten nackt ausziehen, so der Vorwurf gegen die Wiener Polizei.
Anwalt sieht „klar“ rechtswidriges Vorgehen
Um allerdings auch den Intimbereich untersuchen zu dürfen, bräuchte es einen Grund zur Annahme, dass hier Gegenstände – etwa Waffen – versteckt werden, meint Lahner: „Aber wenn eine Person nur eine Sitzblockade macht oder bei einer Klimaklebeaktion teilnimmt, dann ist da meiner Meinung nach kein Grund, davon auszugehen, dass da gefährliche Gegenstände vorhanden sein könnten. Und dann ist eine so intensive Besichtigung des unbekleideten Körpers meines Erachtens klar rechtswidrig.“
Wenn aufgrund eines begründeten Verdachts in Körperöffnungen geschaut werden muss, dann braucht es dazu eine Ärztin oder einen Arzt. In diesem Fall ist das nicht geschehen, die 26-jährige Aktivistin spricht trotzdem von „reiner Demütigung“: „In meinen Tanga passt einfach keine Schusswaffe oder Machete rein. Es ist auch noch nie eine andere Aktivistin aus der Klimabewegung aufgefallen, weil die irgendwelche gefährlichen Gegenstände in der Unterhose gehabt hätten.“ Beschwerde bei der Polizei will sie allerdings nicht einreichen, weil sie angesichts des Aufwands zu geringe Erfolgschancen sieht.