Von außen unterscheidet sich das Haus in der Huttengasse 77 nicht von den angrenzenden. Das Besondere befindet sich im und vor allem auf dem Haus: Auf dem Dach des sechsstöckigen Wohnhauses sind zwei Luftwärmepumpen. Diese wandeln, vereinfacht gesagt, Umgebungsluft in ausreichend Wärme für die 17 Wohnungen um.
„Lösungen wie die kann man in jedem Haus in Wien schaffen, und die Standardtechnologie dafür ist Wärmepumpentechnologie“, sagte Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) im ORF-Interview. „Dort wo es möglich ist Erdwärmepumpen – das ist sicherlich die Technologie der Wahl.“
Wohnungen während Arbeiten weiter benutzbar
Der Umstieg von Gas auf Wärmepumpen-Heizung dauerte laut Stadt drei Tage, davor wurde jedoch noch eine thermische Sanierung durchgeführt. Wien Energie installierte in den Wohnungen statt der Gaskombithermen sogenannte Wohnungsstationen. Der Eingriff in die Wohnungen sei so minimal gewesen, dass sie auch während der Umstellungsarbeiten weiterhin genutzt werden konnten, hieß es in einer Aussendung.
Als Heizzentrale dient in dem Wohnhaus nun übrigens ein ehemaliger Hobbyraum. Dort befinden sich zwei Pufferspeicher für das Heizungswarmwasser, die elektronische Einrichtungen und Pumpen. Bis 2025 soll es 100 solcher Vorzeigeprojekte in Wien geben. Bis 2040 soll Gebäudewärme dann gänzlich klimaneutral sein, so der ehrgeizige Plan. Auch sogenanntes „Grünes Gas“ soll dabei in Wohnungen nicht zum Einsatz kommen.
Investitionsbedarf von knapp 30 Milliarden Euro
Laut Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) investiert die Stadt für den in den nächsten drei Jahren über 4,2 Milliarden Euro in den Ausstieg aus Gas. Der Gesamtinvestitionsbedarf für den Gebäudebestand betrage geschätzt knapp 30 Milliarden Euro. Rund die Hälfte entfalle dabei auf thermisch-energetische Sanierungen, wird Hanke zitiert.
„Am wichtigsten ist es, die Wienerinnen und Wiener für die Energiewende an Bord zu holen", befand Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) in der Aussendung der Stadt. Sie verwies auf die Bereitstellung von Fördermitteln und eine „Beratungsoffensive“ der Servicestelle „Hauskunft“.
Fast 80.000 heizen trotz Fernwärme mit Gas
Um den Gas-Ausstieg zu schaffen, will die Stadt unter anderem die Fernwärme ausbauen. Die Gebiete sollen noch heuer festgelegt werden. Zudem soll auch bei der Produktion von Fernwärme bis 2040 kein Gas mehr verwendet werden. In weniger dicht besiedelten Gebieten will Wien auch auf Niedertemperatur-Nahwärmenetze setzen.
Laut Stadt gibt es derzeit in 74.000 Gebäuden mit rund 474.000 Wohnungen dezentrale Gasgeräte. Fast 80.000 Haushalte heizen oder kochen mit Gas, obwohl Fernwärme vorhanden wäre. Dazu kommen rund 100.000 zentrale Gasgeräte in Einfamilienhäusern und Wohnungen. Vom Bund fordert die Stadtregierung dringend die Schaffung der rechtlich notwendigen Rahmenbedingungen, etwa das Erneuerbare-Wärme-Gesetz.