Baselitz, Nackte Meister. Ausstellungsansicht.
KHM-Museumsverband
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Kultur

Baselitz und Alte Meister: Akte im KHM

Das Kunsthistorische Museum (KHM) widmet Georg Baselitz und seinen Kopfüber-Motiven die Frühjahrsschau. Gezeigt werden lediglich Akte. Den Werken von Baselitz werden solche Alter Meister gegenübergestellt.

„Baselitz. Nackte Meister“ sei die flächenmäßig größte Ausstellung, die man im KHM bisher einem zeitgenössischen Künstler – er feierte im Jänner seinen 85. Geburtstag – zur Verfügung gestellt habe, betonte Generaldirektorin Sabine Haag am Freitag. Fünf Säle im ersten Stock wurden für das Gastspiel leergeräumt, dazu kommen noch die daran angeschlossenen Kabinette. Und neben Kurator Andreas Zimmermann tritt Baselitz freilich selbst als maßgeblicher Gestalter dieses sinnlichen Parcours in Erscheinung.

Künstler gestaltete mit

Das Museum trat im Herbst 2020 an ihn mit der Idee heran, sein Oeuvre im Dialog mit selbst ausgewählten Bildern der hauseigenen Gemäldegalerie zu präsentieren. „Wir haben Baselitz mehr oder weniger eine Carte blanche gegeben“, so Haag, die das Ergebnis als „Triumph der Malerei“ bezeichnete.

Fotostrecke mit 8 Bildern

Georg Baselitz, Fingermalerei – Akt, 1972
Georg Baselitz 2023, Foto: Lothar Schnepf, Köln
Georg Baselitz, Fingermalerei – Weiblicher Akt, 1972
Georg Baselitz 2023, Louisiana Museum of Modern Art, Finn Brøndum
Tizian, Nymphe und Schäfer, 1570/75
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Georg Baselitz, Das lesende Mädchen, 1979
Georg Baselitz 2023, Foto: Jochen Littkemann, Berlin
Hans von Aachen, David und Bathseba, 1612/15
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Georg Baselitz, Oberimzinn, 2010–2013
Georg Baselitz 2023, Foto: Jochen Littkemann, Berlin
Tizian und Werkstatt, Diana und Callisto, um 1566
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Georg Baselitz, Nylonparade, 2022
Georg Baselitz 2023, Foto: Jochen Littkemann, Berlin

Der Rundgang ist bis auf wenige Ausnahmen strikt chronologisch gestaltet und beeindruckt schon allein durch seine raumgreifende Hängung. Die Gegenüberstellung von Baselitz mit etwa Parmigianino, Correggio, Tizian und Rubens findet nämlich nicht nur nebeneinander, sondern auch übereinander statt. Dadurch wird die großzügige Museumsarchitektur von Gottfried Semper in einer bisher kaum da gewesenen Weise erlebbar.

Baselitz und seine Frau neben Adam und Eva

Der Mehrwert dieses „visuellen Gesprächs“ liegt für Kurator Zimmermann nicht zuletzt in der „Revitalisierung“ der Alten Meister: „Man kann spüren, dass die auch mal jung und gefährlich waren.“ Die Bezüge zwischen Alt und Neu sind dabei selten auf den ersten Blick auszumachen. Kein Wunder, interessieren Baselitz doch nicht die mythologischen oder biblischen Geschichten der Ahnen, sondern formal-ästhetische Kriterien, erklärte Haag.

Im ersten Raum sind die Parallelen allerdings doch einigermaßen augenfällig. Hier dominiert das Motiv von Adam und Eva. Neben und über den laut Schöpfungsgeschichte ersten beiden Menschen aus der Hand u. a. von Lucas Cranach und Hans Memling leuchten die Anfang der 1970er Jahre entstandenen farbenfrohen gekippten Akte von Baselitz, die ausschließlich ihn selbst oder seine Frau Elke zeigen. Sie sind nicht mit dem Pinsel, sondern mit den Fingern gemalt.

Ausstellungshinweis

„Baselitz. Nackte Meister“ im Kunsthistorischen Museum Wien, 7. März bis 25. Juni.

„Wilder Raum“ mit Großformaten

Im Lauf der Ausstellung ändern sich Technik und Stil von Baselitz immer wieder. Der Kurator attestiert ihm eine „permanente Selbstneuerfindung in seiner Malerei“. Einer eher reduzierten Phase an der Grenze zur Abstraktion in den 80ern – dominant im zweiten Saal – folgen im laut Zimmermann „wildesten Raum“ Großformate mit Anleihen an Aquarell und Federzeichnung. Liebespaare werden mit den erotisierten Körperbildern der rudolfinischen Manieristen um 1600, allen voran Bartholomäus Sprangers, kombiniert. Von deren Regelverstößen gegen das klassische Schönheitsideal der Renaissance ist Baselitz besonders angetan.

Spätwerk mit Nylonstrümpfen

Entdecken kann man im KHM erstmals auch in fokussierter Form das Spätwerk von Baselitz. Die letzten beiden Säle speisen sich aus Werken ab 2010 bis in die Gegenwart. Riesige Figuren in Serie, die teils an Röntgenbilder oder Mumien denken lassen, schweben auf überwiegend dunklem Hintergrund. Es gehe eben nicht nur um Eros, Sexualität und Begehren, sondern auch um das Alter, stellte Haag fest.

Das jüngste Bild zeigt noch einmal eine neue Seite des 85-Jährigen. Er collagiert Nylonstrümpfe als Gliedmaßen in seine Figuren. „Als wir es bekommen haben, hatte es noch gar keinen Titel“, erzählte Zimmermann. Inzwischen hat es einen: „Nylonparade“