Gericht

IS-Terrorist zu 15 Monaten Haft verurteilt

Ein mittlerweile 20-Jähriger ist heute am Wiener Landesgericht rechtskräftig wegen terroristischer Vereinigung zu 15 Monaten bedingt verurteilt worden. Er hatte als Teenager in der Wohnung seiner Eltern IS-Treffen veranstaltet.

Der nunmehr 20-Jährige hatte sich mit 17 für die radikalislamistische Terrormiliz Islamischer Staat betätigt. Konkret wurde er dafür verurteilt, in mehreren WhatsApp-Gruppen insgesamt 22 Chats mit radikalislamistischen Inhalten geteilt zu haben.

Im Sommer 2019 hielt er außerdem in der Wohnung seiner Eltern in der Leopoldstadt ein Treffen mit Gleichgesinnten ab, das er vor Gericht zunächst als harmloses Beisammensein anlässlich des Zuckerfestes – des islamischen Fastenbrechens Eid al-Fitr im Anschluss an den Fastenmonat Ramadan – abtat: „Die Absicht war, Torte und Tiramisu zu essen.“

Andere Sympathisanten nicht identifiziert

Die Staatsanwältin konfrontierte den Angeklagten daraufhin mit einem Video, das er selbst mit einem seiner insgesamt vier im Zuge der Ermittlungen sichergestellten Smartphones von dieser Zusammenkunft aufgenommen hatte. Darauf war zu hören, wie die Versammelten Nasheeds (Gesänge bzw. Lobpreisungen mit religiösen Inhalten, Anm.) hören bzw. mitsingen, in denen es unter anderem um das Abschneiden der Köpfe von Ungläubigen ging, wie die Staatsanwältin darlegte.

„Wir haben’s einfach angehört, weil wir gerne Musik hören“, bemerkte darauf der 20-Jährige, der zugab, damals die Gedanken des IS vertreten zu haben. „Das Treffen hat aber nur wegen dem Fest stattgefunden“, versicherte er. Wer neben dem Angeklagten an der inkriminierten Zusammenkunft von IS-Sympathisanten teilgenommen hatte, wusste die Staatsanwältin nicht. Das Treffen wurde vom Verfassungsschutz nicht observiert.

Auf dem sichergestellten Video waren die Teilnehmer nicht zu erkennen, man sah nur ihre Konturen, die sich auf einem in der Mitte stehenden Glastisch spiegelten. Eine Identifikation war trotz – wie die Staatsanwältin versicherte – eingehender Bemühungen von Datenexperten und IT-Forensikern nicht möglich.

In Kontakt mit Bekannten des Attentäters

Gesichert ist allerdings, dass sich der Angeklagte in den WhatsApp-Gruppen, in denen der damals 17-Jährige als IS-Propagandist tätig war, mit Personen austauschte, die direkten Kontakt zum späteren Attentäter von Wien hatten, der am 2. November 2020 in der Innenstadt vier Personen tötete. Dazu zählten etwa ein einschlägig bekannter deutscher Islamist, der nach dem Terroranschlag in Wien in seiner Wohnung in Osnabrück festgenommen wurde.

Die Behörden in Deutschland gingen davon aus, dass dieser, da er über soziale Netzwerke seit Längerem Kontakt zum Attentäter hatte, von dessen Anschlagsplänen wusste. Zudem habe der Deutsche im Juli 2020 an einem Islamistentreffen in Wien teilgenommen und bei dieser Gelegenheit in der Wohnung des Attentäters übernachtet. Die Bundesanwaltschaft kam daher zu dem Schluss, er habe den Anschlag billigend in Kauf genommen, statt die Sicherheitsbehörden zu informieren.

Das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) konnte wiederum nachweisen, dass auch der Angeklagte in direkter Verbindung mit dem deutschen Islamisten stand. Im September 2019 bekam er von diesem auf sein Paypal-Konto knapp 600 Euro überwiesen. Gegen den damals 17-Jährigen wurde daher ursprünglich auch wegen des Verdachts der Terrorismusfinanzierung ermittelt, zumal er auch von anderen IS-Sympathisanten bzw. -Mitgliedern Spenden gesammelt hatte. Dieser Verfahrensaspekt musste jedoch von der Staatsanwaltschaft Wien eingestellt werden, weil sich nicht feststellen ließ, wohin der junge Wiener die Gelder überwiesen hatte. Er selbst behauptete dem Vernehmen nach dazu im Ermittlungsverfahren, er habe sie in den Kosovo geschickt, um Flüchtlinge zu unterstützen.

„Habe Regeln im islamischen Staat erklärt“

Die internationalen Kontakte des Angeklagten und Finanzielles kamen in der Verhandlung nicht zur Sprache, da sie nicht Gegenstand der Anklage waren. Der inzwischen 20-Jährige gab sich vor einem Schöffensenat grundsätzlich geläutert und bekannte sich zu den 22 inkriminierten Chats schuldig. Er habe seinen Chat-Partnern „die Regeln im islamischen Staat erklärt“, gab er zu Protokoll.

So habe er etwa seine Tante belehrt, dass auf Ehebruch der Tod stünde. Zum IS sei er mit 16 gekommen, schilderte der Angeklagte: „Da habe ich zu partizipieren begonnen. Damals habe ich gedacht, es ist richtig.“ Auf die Frage, wie er nun zum IS stehe, erwiderte der Angeklagte: „Ich bin rausgekommen, indem ich selber recherchiert habe.“

Deradikalisierungsprogramm angeordnet

Bei einer Strafdrohung von bis zu fünf Jahren fand der Senat für den bisher Unbescholtenen mit 15 Monaten auf Bewährung das Auslangen. An sich wären 18 Monate zu verhängen gewesen, drei Monate habe man dem 20-Jährigen aber aufgrund der langen Verfahrensdauer erlassen, führte die Vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung aus. Verurteilt wurde der Mann für einen Tatzeitraum von Mitte Dezember 2018 bis Anfang Jänner 2020. Er nahm nach Rücksprache mit seinem Verteidiger das Urteil ebenso an wie die Staatsanwältin. Neben Bewährungshilfe wurde seitens des Gerichts per Weisung auch das Durchlaufen eines Deradikalisierungsprogramms angeordnet.