Die Stadt Wien ist Europameisterin beim leistbaren Wohnen. Das belegen Daten der Arbeiterkammer und der Technischen Universität (TU) Wien im Vergleich mit anderen Ländern. Trotzdem sei in den letzten zehn Jahren Mieten wie Kaufen unverhältnismäßig teuer geworden. Bei einer Tagung haben sich zahlreiche Fachleute der Arbeiterkammer Gedanken gemacht, warum das so ist, wer davon am meisten betroffen ist und was Gegenmaßnahmen wären.
Höherer Anteil geförderter Wohnungen gefordert
„Wir haben eine ganz wichtige Stütze in Wien, auf der wir aufbauen können: diesen großen Anteil von Gemeinde- und geförderten Wohnungen. Da ist es das Allerwichtigste, dass wir dieses Segment weiter ausbauen können und erhalten können. Momentan entwickelt es sich leider in die andere Richtung. Der Anteil an dieser Neubauleistung geht sukzessive zurück“, erklärte Mara Verlic aus dem Fachbereich Kommunalpolitik und Wohnen der Arbeiterkammer Wien.
In Wien schreibt die Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ vor, dass bei Bauprojekten ab 5.000 Quadratmetern (brutto) zwei Drittel geförderte Wohnungen sein müssen. Das sollte auf vier Fünftel erhöht werden, so die Forderung der AK, und schon bei kleineren Bauprojekten ab 2.500 Quadratmetern greifen.

Armutsbetroffene häufig in befristeten Verträgen
Personen mit geringen Einkommen und Migrantinnen und Migranten sind durch die steigenden Mieten besonders armutsbetroffen. Der Grund dafür: Sie bekommen häufig nur befristete Mietverträge am teureren, privaten Wohnungsmarkt.
66 Prozent der Menschen in befristeten, privaten Mietwohnungen haben Migrationshintergrund. 34 Prozent haben keinen. „Das ist dramatisch für die Personen, aber auch für die Situation am Wohnungsmarkt, dass Personen am privaten Wohnungsmarkt – und das sind die fragilsten Gruppen – sehr stark diskriminiert werden“, sagte Daniele Karasz vom Institut für angewandte Sozialwissenschaft an der Universität Wien.
Viele Umzüge durch prekäre Lage
Der Zugang zum sozialen Wohnbau ist für sie schwer, denn um ein Wohnticket für eine Wohnung der Stadt zu bekommen, muss man zwei Jahre einen durchgehenden Hauptwohnsitz an einer Wiener Adresse haben und die österreichische Staatsbürgerschaft. „Auch dieses Segment ist ja ein Segment, dass immer mehr Zugangsbarrieren aufbaut. Es ist nicht für jeden leicht, da hineinzukommen. Es ist eher für die, die wenig haben, gar nicht leicht, da hineinzukommen, und für Alleinerzieherinnen oft ganz schwer, genau in diesen Bereich zu kommen“, erklärt Christoph Reinprecht vom Institut für Soziologie.
Maßnahmen für leistbaren Wohnraum
Seit 2008 sind die Preise für Mietwohnungen in Wien um zwei Drittel gestiegen. Die Stadt versucht, mit neuen Gemeindebauten gegenzusteuern. Doch das reicht offenbar nicht aus.
„Es ist tendenziell so, dass Personen keinen Zugang finden, die eine mobile Wohnbiografie haben oder eine Migrationsgeschichte haben“, ergänzt Karasz. Deshalb fordert auch die Arbeiterkammer einen verbesserten Zugang zum Wohnticket. „Es gibt die Grundvoraussetzung, zwei Jahre an einem Wohnsitz gemeldet zu sein. Das schließt Leute aus, die sehr oft umziehen müssen, weil sie sehr prekär leben“, sagt Verlic.
„Wichtig wäre auch, dass die Wohnkostenüberbelastung in der derzeitigen Wohnung ein Kriterium wird, dass da hineingedacht wird“, ergänzt sie. Wien ist, so die Bilanz der Expertinnen und Experten, zurecht stolz auf den sozialen Wohnbau. Trotzdem müsse dieser weiter gefördert werden, damit Wohnen für viele nachhaltig günstiger wird.