Pablo Picasso, Die Taube im Flug
Albertina-Sammlung Batliner
Albertina-Sammlung Batliner
KULTUR

Albertina: Picasso der Wandlungsfähige

50 Jahre ist der Tod von Pablo Picasso her, die Faszination seiner Kunst aber ungebrochen. Die Albertina widmet dem Spanier eine Ausstellung. Zu sehen sind Malereien, Zeichnungen, Radierungen, Lithografien und Keramiken, Werke aus der blauen, der kubistischen und der surrealistischen Phase.

Picasso, das ist wahrscheinlich „der“ bildende Künstler des 20. Jahrhunderts schlechthin. Am 8. April jährt sich der Todestag von Picasso (1881-1973) zum 50. Mal. Die Albertina widmet daher dem laut Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder „wandlungsfähigsten Künstler des 20. Jahrhunderts“ ab Freitag eine Ausstellung. Zu erleben ist ein Querschnitt durch diverse Schaffensphasen und Techniken von Malerei über Druckgrafik bis Keramik. Das Besondere: Sämtliche 70 gezeigten Werke stammen aus dem eigenen Bestand, zwei davon sind überhaupt erstmals zu sehen.

Jede Phase bahnbrechend

Es gebe nicht die eine Periode, das eine Werk, das Picasso zu jenem herausragenden Jahrhundertgenie mache, als das er „wie vielleicht nur Albert Einstein auf einem gänzlich anderen Gebiet“ gelte, meinte der Hausherr, der hinzufügt: „Jede seiner Phasen ist bahnbrechend.“ Picasso ist also gleichsam der „Treibriemen der Abschaffung des Kanons“, konstatierte Schröder.

Die Schau im Erdgeschoß lädt ein, der ständigen Wandlungsfähigkeit und der unerschöpflichen Getriebenheit dieses Malers, der während seines langen Lebens unglaubliche 50.000 Arbeiten geschaffen hat, quasi im Zeitraffer beizuwohnen. Picasso schuf 1904 seine erste Radierung „Das karge Mahl“, das meisterhafte Porträt eines von Armut und Tristesse gleichermaßen ausgemergelten Paares. Gleich ums Eck hängt mit „Schlafende Trinkerin“ ein zwei Jahre zuvor entstandenes Hauptwerk der „Blauen Periode“.

Pablo Picasso, Schlafende Trinkerin
Albertina-Sammlung Batliner
„Schlafende Trinkerin“, Hauptwerk aus Picassos „Blauer Periode“

Schon ein paar Schritte weiter lösen sich mit der revolutionären Erfindung des Kubismus, für den der Maler 1907 den Grundstein legte, die gegenständlichen Motive in eine multiperspektivische Formensprache auf. Ein fast schon abstraktes Exempel aus dieser Periode ist in der Albertina nun das erste Mal öffentlich zu sehen: „Etagere“ aus 1911.

Pablo, Picasso,  Nackte Frau mit Vogel und Flötenspieler
Albertina-Sammlung Batliner
Pablo Picasso: „Frau, Skulptur und Vase mit Blumen“

Ein „Glanzstück“ des Surrealismus wiederum ist das 1929 entstandene Bild „Frau, Skulptur und Vase mit Blumen“ – das zweite Gemälde, das hier erstmals gezeigt wird. Schröder wies darauf hin, dass sich nicht nur in den politisch konnotierten Bildern – in der Schau lässt sich ein ganz dem barocken Jagdstillleben nachempfundener „Fasan“ (1938) als subtiler Verweis auf die Opfer des Spanischen Bürgerkrieges entdecken – die biografischen Stationen Picassos widerspiegeln.

Frivoles Beziehungsdoppelleben

In „Frau, Skulptur und Vase mit Blumen“ verarbeitet der Maler, der Zeit seines Lebens Frauen – um es freundlich zu sagen – äußerst zugetan war, mit dem Kontrast zwischen gräulicher, aus der Form geratener Frauenfigur mit spitzen Fingernägeln und einer weißen mandeläugigen Büste sein Beziehungsdoppelleben zwischen seiner Frau Olga und der gerade einmal 17-jährigen Geliebten Marie-Therese Walter.

Ausstellungshinweis

PICASSO. Zum 50. Todestag, Albertina Wien, 17. März bis 16. Juni 2023

Und selbst die Villa der idyllisch anmutenden „Mittelmeerlandschaft“ (1952) bringt durch die kantige, fast aggressive Linienführung und die gedrängte Komposition die Spannungen und Enge zwischen dem Künstler und seiner damaligen Lebensgefährtin Francoise Gilot, die das dargestellte Anwesen bewohnten, zum Ausdruck. Tatsächlich trennte sich das Paar ein Jahr später.

Fotostrecke mit 5 Bildern

Pablo Picasso, Sylvette
Albertina-Sammlung Batliner
Pablo Picasso, Sylvette
Pablo Picasso, Frau mit grünem Hut
Albertina-Sammlung Batliner
Pablo Picasso, Frau mit grünem Hut
Pablo Picasso, Mittelmeerlandschaft
Albertina-Sammlung Batliner
Pablo Picasso, Mittelmeerlandschaft
Pablo Picasso, Stillleben mit Gitarre
Albertina-Sammlung Batliner
Pablo Picasso, Stilleben mit Gitarre
Pablo Picasso, Töpfe und Zitrone
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Pablo Picasso, Töpfe und Zitrone

Druckgrafiken mit erstaunlicher Bandbreite

Dem Druck – immerhin versteht sich die Ausstellung auch als Beitrag des dreiteiligen Druckgrafikschwerpunkts der Albertina, und hier besonders der Lithografie – schenkt man ebenfalls einige Aufmerksamkeit. Erstaunlich auch hier die Bandbreite: Farbenfrohe, fast popartige Abzüge hängen neben erdfarbenen Stierkampfszenen und Motiven wie „Weibliches Bildnis nach Lucas Cranach d. J.“ (1958), die sich an Alten Meistern orientieren.

Ins letzte Lebensdrittel fallen auch die rund 4.000 Keramikstücke, mit denen Picasso Mitte der 1940er Jahre in Vallauris begonnen hat. Einige Teller mit fast schon augenzwinkernden Fisch-, Eulen- und Spiegeleimotiven und Vasen mit strichmännchenähnlicher Bemalung präsentiert die Ausstellung. Die Verkäuferin in jener südfranzösischen Töpferwerkstatt, wo der Künstler arbeiten konnte, heiratete er 1961: Jacqueline Roque war Picassos zweite und letzte Ehefrau und blieb es bis zu seinem Tod mit 91 Jahren im Jahr 1973.