Politik

Kowall will für SPÖ-Vorsitz kandidieren

Neben Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil will sich nun auch Nikolaus Kowall als SPÖ-Chef bewerben. Der Wiener SPÖ-Politiker will Druck machen, die anstehende Mitgliederbefragung für mehr Kandidaten zu öffnen.

Der Kampf um die SPÖ-Führung ist um eine Facette reicher. Der 40-jährige Kowall, derzeit stellvertretender Vorsitzender der SPÖ Alsergrund, kündigte seine Kandidatur am Dienstag gegenüber der APA an. Er halte die beiden bisherigen Kandidaten Rendi-Wagner und Doskozil für ungeeignet, „das zu tun, was gerade am wichtigsten für Österreich ist: dem rechten Populismus Einhalt gebieten“. Darüber hinaus gehe es ihm um eine „einmalige Chance für die Parteidemokratie in der SPÖ“.

Eine Mitgliederbefragung über den Parteivorsitz sei „sehr begrüßenswert“, aber es solle sich dabei nicht um eine Ausnahme handeln, die einmalig den beiden aktuellen Kandidaten offensteht, so Kowall, der von 2007 bis 2014 Leiter der parteikritischen „Sektion 8“ war. „Vielmehr soll daraus ein faires und transparentes Verfahren entstehen, das in der Zukunft die Regel ist. Mit meiner Kandidatur erhöht sich die Notwendigkeit, ein solches Verfahren zu entwickeln und dann auch beizubehalten.“

Kowall will für SPÖ-Vorsitz kandidieren

Neben Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil will sich nun auch Nikolaus Kowall als SPÖ-Chef bewerben. Der Wiener SPÖ-Politiker will Druck machen, die anstehende Mitgliederbefragung für mehr Kandidaten zu öffnen.

Volkswirt und Vizeparteichef der SPÖ Alsergrund

Kowall ist in der SPÖ in Stadt und Bund als interner Kritiker wohlbekannt, wofür er gerne als „Parteirebell“ bezeichnet wurde. Als Student gründete er die Sektion 8. War parteiinterne Kritik an der damals neuen Regierung von Alfred Gusenbauer gefordert, standen Kowall und seine Mitstreiter verlässlich parat.

Auch in der Stadt ging die Sektion 8 ihren eigenen Weg. So beantragte sie gegen den Willen der Parteispitze die Abschaffung des kleinen Glücksspiels – und hatte damit Erfolg. Weniger erfolgreich war die Sektion 8 dagegen 2013 mit einer Initiative für eine Urabstimmung über eine neuerliche SPÖ-ÖVP-Koalition im Bund. 2014 legte Kowall dann den Vorsitz der Sektion 8 zurück.

Der 40-jährige Wiener hatte seit seiner Zeit im Gymnasium diverse Funktionen inne. Er war Schulsprecher, Vorsitzender der Aktion Kritischer SchülerInnen, saß im SPÖ-Parteivorstand, Vorsitzender des lokalen Verbands Sozialistischer StudentInnen und seit September 2021 Vizeparteichef der SPÖ Alsergrund. Der studierte Volkswirt verdient sein Geld seit 2019 als Inhaber einer Stiftungsprofessur der Arbeiterkammer an der Fachhochschule des BFI in Wien.

Deutliche Kritik an beiden Kandidaten

Doskozil ist für Kowall „selbst nicht frei davon, die rechtspopulistische Klaviatur zu bedienen“, er habe „Angst, Hysterie und Paranoia, die nach der Flüchtlingsbewegung 2015 einen neuen Höhepunkt erreichten, politisch ausgeschlachtet“. Doskozil habe gegen die Regierung von Christian Kern (SPÖ) „intrigiert“ und „zu dem vergifteten Klima in Österreich, von dem die FPÖ profitieren kann“, beigetragen.

Die aktuelle Vorsitzende Rendi-Wagner hat sich in Kowalls Augen wiederum „inhaltlich nie klar gegen diese Linie gestellt und erst im letzten November wieder einmal Doskozils Linie beim Thema Asyl übernommen“, kritisierte Kowall. „Pamela Rendi-Wagner kann den rechten Populismus nicht aufhalten, wie die letzten Jahre verdeutlicht haben.“ Das Thema Migration sei nicht das einzige, wo man sich den Rechten argumentativ entgegenstellen müsse, aber das dringlichste.

Rückkehr von Kern als Alternative?

Mit Kowalls Ankündigung steigt der Druck auf das Parteipräsidium, die Mitgliederbefragung für mehr als zwei Kandidaten zu öffnen. So soll etwa laut einem Bericht von „Österreich“ eine Rückkehr von Ex-Kanzler Christian Kern noch nicht gänzlich ausgeschlossen sein. So würden sich einige Kräfte in der SPÖ eine Alternative zu Rendi-Wagner und Doskozil wünschen. Beide seien „zu polarisierend“, meinte etwa ein SPÖ-Stadtrat gegenüber der Tageszeitung.

Ablauf der Mitgliederbefragung offen

Die konkreten Rahmenbedingungen für die Mitgliederbefragung sollen bei einer Präsidiumssitzung am Mittwoch festgelegt werden. Auch sonst sind so gut wie alle Fragen zum Ablauf – etwa zum Zeitpunkt der Befragung und dazu, ob auch neu eingetragene Mitglieder abstimmen dürfen – offen. Rendi-Wagner wollte am Dienstag vergangener Woche vor dem Parteipräsidium nicht näher auf den Ablauf der Mitgliederbefragung eingehen. Alle offenen Fragen sollen in den internen Gesprächen am Mittwoch geklärt werden.

Auch zum Leiter der Wahlkommission, Harry Kopietz, dem die burgenländische SPÖ dem Vernehmen nach misstraut, wollte sich Rendi-Wagner am Rande einer Buchpräsentation vor Journalisten nicht äußern. „Wir haben morgen unsere Gespräche, dem etwas vorwegzunehmen wäre respektlos. Wir werden aber jedenfalls nach Statut vorgehen“, sagte Rendi-Wagner.