Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr sitzt lachend an einem Tisch kurz bevor die Wien Energie Untersuchungskommission startet
ORF/Barbara Wakolbinger
ORF/Barbara Wakolbinger
Politik

Wiederkehr vor Wien-Energie-Kommission

Bei der Wien-Energie-Untersuchungskommission ist heute Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) befragt worden. Er war einer der ersten, die von der Notkompetenz erfuhren. Er hätte sich eine bessere Kommunikation erhofft.

Wiederkehr sei am 15. Juli 2022 durch seinen Büroleiter über die Notkompetenz informiert worden. Über diese verschaffte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) der Wien Energie einen Kreditrahmen über 700 Mio. Euro. Es sei für ihn ein Kreditrahmen gewesen und nicht, dass er schlagend werden würde, merkte Wiederkehr an.

Auf die Frage der Opposition in der Untersuchungskommission, ob er bezüglich der Notkompetenz nicht misstrauisch geworden sei, meinte Wiederkehr: „Ja, aber die Informationen, die ich von Experten erhalten habe, waren plausibel.“ Der Versorger hätte die meisten wirtschaftlichen Risiken abgedeckt. Am „Black Friday“ ist jedoch der Strompreis in die Höhe geschnellt.

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr geht mit seiner Anwältin im Arkadengang des Rathauses zur Wien Energie Untersuchungskommission
APA/ROBERT JAEGER
Wiederkehr gab an, erst am 26. August von der Tragweite der Situation erfahren zu haben

Kritik an Kommunikation

Dieser Kreditrahmen sei nach energiepolitischer Fachmeinung alternativlos gewesen, sagte Wiederkehr, denn andernfalls wäre die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet gewesen oder man hätte etwa Stromverträge kündigen müssen. Erst im Rahmen des „Black Friday“ am 26. August 2022 sei das Thema wieder akut geworden. Wiederkehr habe erst an diesem Wochenende von der aktuellen Situation erfahren.

Wien Energie: Wiederkehr kritisiert Informationsfluss

Bei der Wien-Energie-Untersuchungskommission ist am Dienstag Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) befragt worden. Er war einer der Ersten, die von der Notkompetenz erfuhren. Er hätte sich eine bessere Kommunikation erhofft, sagte Wiederkehr am Dienstag.

Mit einer aktiven Kommunikation hätte man sich viel erspart, merkte der Vizebürgermeister an. Aber: „Es war die Entscheidung des Bürgermeisters. Ich wusste, dass es öffentlich werden würde.“ Von den Oppositionsparteien wurde vor allem kritisiert, dass es zwischen der Notkompetenz Mitte Juli und dem „Black Friday“ Ende August keine Information der Öffentlichkeit und keinen entsprechenden Informationsaustausch gegeben habe.

Befragt wurde am Dienstag auch Wien-Energie-Geschäftsführer Karl Gruber. Mit Blick auf das Risikomanagement des Versorgers sagte er: „Wenn Sie eine Papierfabrik errichten, brauchen Sie Wasser – also errichten Sie das Werk an einem Fluss. Aber wie hoch bauen Sie die Dämme, um vor einem allfälligen Hochwasser geschützt zu sein?“

Wenig Erkenntnisgewinne für Opposition

„In überraschender Offenheit gibt Wiederkehr zu, absolut nichts gewusst zu haben. Er gibt auch zu, sich nicht weiter darum gekümmert zu haben, Informationen zu bekommen. Er hat offensichtlich alles geglaubt, was ihm erzählt wurde“, kommentierte David Ellensohn, Klubobmann der Wiener Grünen in einer Aussendung die Aussagen des Vizebürgermeisters.

Bei der ÖVP sehe man etwa kritisch, dass Wiederkehr am 15. Juli 2022 das Instrument der Notkompetenz in keinster Weise hinterfragt habe, führte ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch in einer Aussendung aus. Bezüglich der in diesem Fall gebotenen Information der Öffentlichkeit habe sich der Vizebürgermeister einfach mit der Ablehnung der SPÖ zufriedengegeben.

Für die FPÖ habe – so eine Aussendung – die Befragung Wiederkehrs keinen Erkenntnisgewinn gebracht. „Auch wenn Wiederkehr inhaltlich wohl nicht der zuständige Stadtrat ist, sehe ich es trotzdem als seine politische Verantwortung, sich intensiv mit der Materie auseinanderzusetzen, wenn es in Summe immerhin um 1,4 Milliarden Euro Steuergeld geht“, lautete die Einschätzung des Fraktionsvorsitzenden der Wiener FPÖ, Klubobmann Maximilian Krauss.

Wien-Energie-Geschäftsführer Karl Gruber
APA/Robert Jaeger
Am Nachmittag wurde Wien-Energie-Geschäftsführer Karl Gruber befragt

Und für FPÖ Wien Finanzsprecher Udo Guggenbichler bewies die Aussage Grubers, dass die Stadt Wien Spekulationsrisiken in Kauf genommen habe.

SPÖ sieht sich bestätigt

Bei der SPÖ sieht man die Zeugenbefragung naturgemäß anders, teilte die SPÖ mit: Einmal mehr habe sich gezeigt, dass das Handeln der Stadt Wien alternativlos war. „Das oberste Ziel war und ist die Versorgungssicherheit, und das war und ist die Basis für das Vorgehen“, sagte SP-Fraktionsvorsitzender Thomas Reindl, „außerdem hat auch der Vizebürgermeister die außergewöhnliche Situation am Energiemarkt in ganz Europa beschrieben. Dieses noch nie da gewesene Ereignis hat ein rasches Handeln notwendig gemacht“.