Schulklasse
ORF
ORF
Politik

15 Millionen gegen Armut in der Schule

Die Stadt Wien hat am Freitag ein Maßnahmenpaket präsentiert, mit dem sie der Kinderarmut in Schulen begegnen möchte. 15 Millionen Euro stehen bereit, um die Folgen der Teuerung für armutsgefährdete Familien abzufedern.

Es sind Maßnahmen für vier Bereiche, in denen Benachteiligungen für Kinder ausgeglichen werden sollen. Denn es gehe um „Fragen der Chancengerechtigkeit, die nicht vom Einkommen der Eltern abhängen dürfen“, wie es bei der Präsentation hieß. Folgende Maßnahmen sollen ab dem nächsten Schuljahr umgesetzt werden:

  • Neue Bemessungsgrundlage bei Essensbeiträgen
  • Unterstützung bei den Kosten für Horte und Nachmittagsbetreuung
  • Beiträge zu den Kosten für mehrtägige Schulveranstaltungen
  • Bereitstellung von Unterrichtsmaterial

Essensbeiträge als „Herzstück“ des Pakets

Zuletzt wurde zunehmend darüber geklagt, dass immer weniger Kinder in Wien von den Beiträgen für Mahlzeiten befreit würden. Schuld daran sei, dass die Einkommensgrenzen seit Jahren nicht valorisiert worden wären. Nun wird die Bemessungsgrundlage verändert und zudem jährlich angepasst. Die Förderung soll nach einmaliger Prüfung für das gesamte Betriebsjahr gewährt werden. Ausgehend von diesen Standards wird auch die Berechnung des Anspruchs auf ermäßigtes Mittagessen in Kindergärten seitens der MA 11 erfolgen.

15 Millionen gegen Armut in der Schule

Die Stadt Wien präsentierte am Freitag ein Maßnahmenpaket, mit dem sie der Kinderarmut in Schulen begegnen möchte. 15 Millionen Euro stehen bereit, um die Folgen der Teuerung für armutsgefährdete Familien abzufedern.

Horte: bis zu 2.300 Euro Ersparnis

Die Beiträge für Horte und die Nachmittagsbetreuung werden gesenkt. Die Ermäßigungsstruktur wird demzufolge vereinfacht und in vier Stufen angepasst. Konkret bedeute das, dass begünstigte Familien durch die neue Bemessung in Schulen mit einer Ersparnis von bis zu 2.300 Euro pro Jahr rechnen können. Für begünstigte Eltern im Kindergarten bedeutet die Förderung des Essensbeitrags eine jährliche Ersparnis von etwa 800 Euro. In Horten könnten Betroffene mit einer jährlichen Unterstützung von etwa 1.750 Euro rechnen.

Projektwoche: Mehr Berechtigte und höhere Beiträge

Ausgeweitet wird laut den am Freitag präsentierten Maßnahmen die Unterstützung für mehrtägige Schulveranstaltungen wie Winter- und Sommersportwochen sowie Projektwochen. Der Anspruch dafür wird schon ab einer dreitägigen Veranstaltung möglich, bisher galt er ab fünftägigen Veranstaltungen. Außerdem wird der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert. So werden zum Beispiel auch Alleinerziehende mit einem Nettoeinkommen von monatlich durchschnittlich 1.864,94 Euro anspruchsberechtigt. Das bedeutet in etwa, dass die Unterstützung bei einer fünftägigen Veranstaltung um zehn Prozent steigt, in dem Fall von 100 auf 110 Euro.

Schule stellt Unterrichtsmaterial bereit

Öffentliche Volksschulen, Mittelschulen, Sonderschulen und Polytechnische Schulen stellen ihren Schülern am Beginn eines Schuljahres Materialien wie Hefte, Bleistifte, Zeichenpapier und Ähnliches mehr zur Verfügung. Eltern müssen diese Dinge also nicht selbst kaufen. Schulen bekommen dafür einen Zuschuss, Lehrer können das Material entsprechend ihrer Schwerpunkte und eigenen Anliegen auswählen. Die Höhe des Zuschusses hängt laut Stadt Wien von der Anzahl der schulpflichtigen Kinder an der Schule ab.

Sozialexperte Schenk über Kinderarmut

Der Sozialexperte Martin Schenk spricht unter anderem über die armutsbetroffenen Familien und Kinder und ob das Maßnahmenpaket ausreicht. Außerdem bespricht er wie Armut enttabuisiert werden kann.

Alle Kinder mitnehmen und gute Bildung gewährleisten

Mit dem Maßnahmenpaket werde von der aktuellen Teuerung besonders betroffenen Familien geholfen, sagte Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS): „Ziel muss es auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten sein, allen Wiener Kindern und Jugendlichen die beste Bildung zu gewährleisten.“

Ähnlich auch die Bildungssprecherin der Wiener SPÖ, Nicole Berger-Krotsch: „Je höher die Schulstufe und Schulform, desto teurer ist ein Schuljahr für Familien.“ Mit dem Paket werde dazu beigetragen, dass „alle Kinder mitgenommen werden und eine gute Bildungslaufbahn einschlagen können“.

Armutsexperte: Wichtige Maßnahmen, nicht genug

Die gesetzten Maßnahmen seien wichtig, sagte Sozialexperte Martin Schenk von der Diakonie. „Es wird nicht genug sein. Es wird noch mehr gemacht werden müssen. Aber Schule und Bildung ist wichtig und besonders diese warme Mahlzeit ist eine ganz wichtige Sache.“ Das sei in den letzten Monaten ein großes Problem gewesen, dass sich Eltern das Essen oder die Nachmittagsbetreuung nicht mehr leisten konnte, so der Armutsexperte im „Wien heute“-Interview.

Wichtig sei auch der Umgang in der Schule mit dem Thema Armut. Da gehe es darum, wer welches Geburtstagsgeschenk bekommen hat – das führe auch zu Mobbing. „Armut ist immer stark mit Beschämung verbunden und das hemmt ein Kind.“ Lehrerinnen und Lehrer könnten darauf entweder in Vieraugengesprächen reagieren. Scham wirke vor allem, weil sie in der Öffentlichkeit stattfindet.

Eine andere Lösung illustrierte Schenk an einem Beispiel: Eine Lehrerin habe einen Brief mit Unterstützungsmöglichkeiten an alle Kinder ausgeteilt und alle Briefe auch wieder eingesammelt. „So fällt es nicht auf und das Kind kann dazu kommen und ist nicht beschämt.“