Chronik

93-jährige Demenzkranke kam ins Gefängnis

Für Aufregung sorgt der Fall einer schwer demenzkranken Wienerin. Die 93-jährige Frau wurde vorübergehend im Gefängnis eingesperrt. Man wusste offenbar nicht, was man mit ihr machen sollte. Sie hatte zuvor ihre Pflegerin angegriffen.

Die 93-Jährige kam an einem Abend Ende März in die Küche ihrer Wohnung, erkannte ihre 24-Stunden-Heimhilfe nicht und hielt sie offenbar für einen Einbrecher. Sie attackierte die Pflegerin mit einem Küchenmesser. Laut Polizei konnte die Heimhilfe den Stich gegen ihren Kopf mit einem Schneidbrett abwehren. Aufgrund der Hilferufe ließ die alte Frau das Messer fallen. Verletzt wurde niemand.

Anwalt: „Frau hatte Panikattacken“

Ein Richter ordnete an, die 93-Jährige im Maßnahmenvollzug unterzubringen. Vermutlich, weil dort kein Platz war, wurde sie allerdings in ein normales Gefängnis gebracht. Sie wurde zusammen mit zwei weiblichen Häftlingen untergebracht, schilderte ihr Rechtsanwalt Michael Dohr: „Sie hat Panikattacken gehabt, wie sie die Polizisten gesehen hat, weil sie nicht einmal gewusst hat, wo sie ist.“

Erst nach zwei Wochen kam die Frau wieder frei. Die Demenzkranke lebt jetzt in einem Pflegeheim. Für Kopfschütteln sorgt der Fall auch beim Erwachsenenvertreter Martin Marlovits vom Verein Vertretungsnetz: „Im Grunde ist es völlig absurd, einen Menschen, der dement ist, der nicht orientiert ist, mit einem Setting zu konfrontieren, wo er strikte Auflagen erfüllen muss, um dann wieder rauszukommen.“

Die Reform des Maßnahmenvollzugs sieht zwar größere Einweisunghürden vor, Demenzkranke sind aber nach wie vor nicht ausgenommen.