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Chronik

Polizei passt Aufnahmeverfahren an

Die Polizei hat Probleme, genügend neues Personal zu finden. Um ausreichend Polizeischülerinnen und -schüler zu gewinnen, passt das Innenministerium derzeit das Aufnahmeverfahren für den Polizeiberuf an. Kritik kommt von der Gewerkschaft.

Allein die Wiener Polizei hat in diesem Jahr 588 Planstellen zu vergeben, österreichweit sind es insgesamt 1.406. Ob sie alle besetzt werden können, ist aber offen. In den vergangenen Jahren wurden oft nicht genug Polizeischülerinnen und -schüler gefunden.

„Die allgemeine Situation am Arbeitsmarkt ist schwierig, das spürt auch die Polizei“, heißt es aus dem Innenministerium. Als Reaktion wird nun das Aufnahmeverfahren angepasst, bestätigte ein Ministeriumssprecher gegenüber Radio Wien.

Studie und Sport verstärkt erst in Ausbildung

So soll etwa die Erstbewerbung schneller und unbürokratischer werden. Und in der Ausbildung selbst, soll es eine Wiederholungsmöglichkeit analog zum Regelschulsystem geben, erläutert der Sprecher. Auch der Fokus auf Sport und Schwimmen soll in der Ausbildung liegen und nicht schon im Auswahlverfahren. Denn beim Sporttest fallen rund 26 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber durch.

Außerdem gibt das Ministerium eine „Studie in der Bevölkerung zur Wahrnehmung des Polizeiberufes“ in Auftrag. Und eine „wissenschaftliche Untersuchung der Berufswahlmotive von Polizeischülerinnen und -schülern“ sei schon so gut wie fertig und derzeit in der „finalen Überprüfung“.

Geplant ist auch ein großangelegter bundesweit stattfindender „Tag der Polizei“ mit Einblick in Ausbildung und Beruf „sowie vielfältigen Mitmach-Stationen“. Laut dem Ministeriumssprecher ist die Anpassung des Auswahlverfahrens „im Lauf des Jahres“ geplant.

Sonderurlaub für Anwerbung wieder abgeschafft

Auf Grund der angespannten Personalsituation und der bevorstehenden Pensionierungswelle startete das Innenministerium im vergangenen Herbst eine Rekrutierungskampagne für Polizistinnen und Polizisten. Seit 1. Jänner 2023 gibt es für Polizeischülerinnen und Polizeischüler mehr Gehalt. Im ersten Jahr beläuft sich das Jahr auf 2.000 Euro brutto und im zweiten Jahr dann bereits auf 2.600 Euro brutto. Außerdem kündigte das Ministerium im März die Lockerung der Vorschriften für sichtbare Tätowierungen im Polizeidienst an.

In Wien wurde im Herbst außerdem ein eigenes Recrutingcenter als Pilotprojekt in der Leopoldstadt eröffnet – mehr dazu in Polizei-Recruiting-Center nun geöffnet. Laut Innenministerium kamen seit der Eröffnung „rund 500 Besucherinnen und Besucher“. Andere Maßnahmen zeigten hingegen weniger Erfolg. Und so wurde ein angebotener Sonderurlaubstag für die Anwerbung von Interessentinnen und Interessenten von der Wiener Polizei mittlerweile wieder abgeschafft.

FSG spricht von „Alibiaktion“

Der Vorsitzende der roten Gewerkschaft FSG, Hermann Greylinger, sieht darin eine „Alibiaktion“. „Man muss an größeren Schrauben drehen“, sagte Greylinger. Er spricht von „Populismus und laienhaften Versuchen“ und fordert eine grundlegende Änderung des Gehalt- und Pensionssystems. „Das sind die wirklichen Schrauben, an denen gedreht werden muss“, so der Personalvertreter.

„Bei Eintritt ab dem 26. Lebensjahr ist das Erreichen der Funktionszulage, Funktionsstufe 4, nicht mehr möglich, ganz abgesehen davon, dass die Gehälter für Späteinsteiger mehr als unattraktiv sind“, heißt es von der FSG. Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft eine Nachsicht des Grundwehrdienstes oder eine Einrichtung von Kinderbetreuungsstellen und weitere Maßnahmen, um das Recruiting anzukurbeln.

69 statt geplanten 196 Aufnahmen

Greylinger verweist auf Rückstände bei den Polizeiaufnahmen in großen Teilen Österreichs. Besonders dramatisch sei die Lage in Wien. Dort war mit Stand März laut FSG die Aufnahme von 196 Polizeischülerinnen und Schülern geplant. Tatsächlich eingetreten sind jedoch nur 69.