Chronik

Wiener sammeln Geruchseindrücke

Ein neues Projekt widmet sich den Gerüchen in der Stadt. Unter dem Motto „Wien der Nase nach“ können alle mitmachen und ihre Geruchseindrücke beschreiben. Das erschnüffelte Wissen soll in eine Geruchskarte der Stadt fließen.

Wir sind stets von Gerüchen umgeben: im Stiegenhaus, auf der Straße, in der U-Bahn, auf dem Weg in die Arbeit, zur Schule, beim Einkaufen oder Gassigehen. Kaum eine andere Sinneswahrnehmung triggert die Gefühlswelt und Erinnerungen so unmittelbar wie das Riechen. Wie die Umgebung empfunden wird, ist daher auch stark von Gerüchen beeinflusst, auch wenn das meist kaum wahrgenommen wird.

Spezifische Grätzelgerüchte gesucht

Das Forschungsprojekt der Universität Wien „Wien der Nase nach“ lädt alle Wienerinnen und Wiener dazu ein, ihren Stadtalltag als „Nasenzeugen und -zeuginnen“ zu erforschen und zu dokumentieren. Süßer Manner-Schnitten-Duft, der muffige Geruch in Altbaukellern oder der Kebabstand ums Eck – gesucht sind die spezifischen Gerüche von Wiener Grätzeln.

Die Fragestellung kann in mehrere Richtungen gehen: Wonach riecht es? Wie hat es früher gerochen? Was stinkt einem oder einer? Und warum? Mit welchem Geruch fühlen sich die Menschen wohl und woran erinnert sie ein Geruch? Auf Basis dieses lokalen „Wissens der Vielen“ wird eine digitale „Smell-Map“ – eine Geruchskarte – unterschiedlicher Bezirke und Grätzel Wiens erstellt und einer breiteren Öffentlichkeit zur gemeinsamen Bearbeitung und Erweiterung geöffnet.

„Smelfie“ statt Selfie

Statt eines Selfies macht man als Hobbyforscherin oder -forscher ein „Smelfie“ – man notiert also die Eindrücke und Gefühle, die man mit dem Geruch verbindet, und trägt sie auf der Geruchskarte ein. Wichtig ist, den Ort und die Zeit zu notieren. Jeder und jede kann mitmachen.

Vereinfacht gesagt, werden in „Citizen Science“ wissenschaftliche Projekte unter Mithilfe oder komplett von interessierten Amateurinnen und Amateuren durchgeführt. Die „Citizen Scientists“ formulieren dabei Forschungsfragen, melden Beobachtungen, führen Messungen durch, werten Daten aus und verfassen Publikationen. Die Einhaltung wissenschaftlicher Kriterien ist Voraussetzung.

Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft

Das soll nicht nur neue wissenschaftliche Projekte und neue Erkenntnisse ermöglichen, sondern auch einen Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, wie er sonst nicht oder nur sehr schwer möglich ist, wie es heißt. Das „Citizen Science“-Projekt soll die Bevölkerung zudem mit der Herangehensweise von Wissenschaft vertraut machen und vermitteln, welche Erkenntnisse sich aus dem Wissen vieler Menschen ableiten lassen.

Jugendliche und Seniorinnen als Spürnasen

Im Rahmen des Projektes der Universität Wien werden zusätzlich vier Gruppen von Jugendlichen (14 bis 18 Jahre) und Seniorinnen (60 plus) in Hernals und in Floridsdorf als Spürnasen geschult und in die finale Datenauswertung eingebunden. „Vom Wissen der Vielen“ ist eine Fördermaßnahme der Stadt Wien, mit der sie die Vermittlung von Wissenschaft und Forschung in den Bezirken unterstützt.

Als lokale Fachleute sollen die Teilnehmenden die Geruchswelt ihres Bezirks erkunden, formulieren, dokumentieren und diskutieren. Die Workshops finden vorerst nach Altersgruppen getrennt statt, der abschließende „Smell-Talk“ dann aber generationenübergreifend.