EX-IDENTITÄREN-SPRECHER SELLNER
APA/GEORG HOCHMUTH
APA/GEORG HOCHMUTH
chronik

Freispruch für Ex-Identitären-Sprecher

Martin Sellner ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht vom Vorwurf der Verhetzung freigesprochen worden. Das Urteil gegen den früheren Sprecher der als rechtsextrem eingestuften Identitären ist nicht rechtskräftig.

Sellner hatte auf seinem privaten Telegram-Kanal im Zusammenhang mit Razzien in der Reichsbürgerszene in Deutschland im Dezember des Vorjahres gepostet. Er dementierte den Verdacht der deutschen Staatsanwaltschaft, die von Umsturzplänen gesprochen hatte. Sellner ließ seine Abonnenten sinngemäß wissen, von jedem Asylheim gehe mehr Gefahr aus als von der Reichsbürger-Bewegung.

Da Sellner eine große Zahl an Abonnenten hatte, sei der Beitrag einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Die Anklage sah den Tatbestand der Verhetzung als erfüllt an. Nun aber sah das Gericht es als nicht bestätigt ab, dass damit zu Hass gegen die Gruppe der Asylsuchenden aufgestachelt worden sei.

Richter sah keine pauschale Zuordnung

Der Vorwurf der Staatsanwalt lautete, er habe die Gruppe der Asylwerber damit pauschal als Straftäter dargestellt. Für Sellner hingegen sei die Textnachricht von der freien Meinungsäußerung gedeckt. „Ich habe explizit geschrieben, dass von jedem Asylheim, und nicht von jedem Asylanten Gefahr ausgeht“, weil Letzteres wäre eine Pauschalisierung, und das „behaupte ich selbstverständlich auch nicht“.

Außerdem habe er sich mit seiner Nachricht auf einen konkreten Fall bezogen, bekräftigte Sellner. Zwei Tage bevor er die Nachricht versendet hatte, wurden im deutschen Illerkirchberg zwei Mädchen von einem Asylwerber mit einem Messer attackiert und verletzt, eines davon tödlich. Der Konnex zu diesem Vorfall liege darin, dass „die Presse den Razzien viel mehr Aufwand geschenkt“ habe. Die Nachricht sei „Kritik daran, dass die Terroraktion die Vorfälle in Illerkirchberg verdrängt“ habe.

Dieser Argumentation konnte auch der Richter folgen. Dem Vorwurf, wonach mit der Nachricht die Gruppe der Flüchtlinge pauschal gemeint war, schloss sich der Richter nicht an. Die Aussage, dass von jedem Asylheim Gefahr ausgehe, sei „nicht ausreichend dafür, Hass gegen eine ganze Volksgruppe aufzustacheln“. Für Sellner gab es daher einen Freispruch. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Sellner auf Social-Media-Kanälen aktiv

Sellner war über Jahre hinweg das Gesicht der rechtsextremen Identitären nach außen und gilt bis heute als einflussreicher Vertreter der Neuen Rechten im gesamten deutschen Sprachraum. Vor seinem 34. Geburtstag legte er seine Funktion als Sprecher der Identitären zurück und kündigte an, sich zukünftig auf den „Infokrieg“ konzentrieren zu wollen. Seit Jahresbeginn ist er neben Telegram vor allem auf der bei Kindern und Jugendlichen beliebten Plattform Tiktok aktiv, wo er gezielt bei jungen Nutzerinnen und Nutzern mit Propagandavideos um Aufmerksamkeit wirbt.