TIERE

Mauersegler zurück in Wien

Mauersegler sind einzigartige Wesen, die sich an den urbanen Lebensraum gut angepasst haben. Allerdings benötigen sie für die Fortpflanzung spezielle Rahmenbedingungen, die sie etwa in Altbauten im siebenten Wiener Gemeindebezirk vorfinden.

Vielflieger, sehr gesellig und auf der roten Liste. Neubaus Bezirksvorsteher Markus Reiter (Grüne) hatte zum Einzug mit BirdLife und Global 2000 am Donnerstag zu einem Medientermin in die Burggasse geladen.

Bei strahlendem Sonnenschein drehten die ersten Vertreter der Saison hoch über den Dächern ihre Runden, die charakteristischen „Sri, Sri, Sri“-Rufe der schwarz-braunen temporären Bewohner ertönten über der belebten Gegend. Zwischen Mai und August schlagen sie hier ihr Quartier auf und pflanzen sich fort.

Ein Street-Art-Kunstwerk von Mauerseglern
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In ein Street-Art-Kunstwerk wurden in Wien-Neubau Brutkästen integriert

„Klimafit und biodivers“

Nicht zuletzt, weil der Bezirk das mit einem Umweltschwerpunkt fördert. „Klimafit und biodivers“ will Neubau werden. Bedeutet: eine zweite Priorität bei Umgestaltungen des öffentlichen Raumes. Dabei gehe es auch „um die Verbindung der städtischen Grünräume zu einem vernetzten Lebensraum“. Parks, Hecken, Sträucher, Bäume, Baumscheiben, Fassadenbegrünungen, Balkone, Terrassen und Dachgärten können da eine wichtige Rolle spielen. „Jede Grünfläche und jeder Nistplatz zählt“, so Reiter. „Der Mauersegler ist unser urbaner Umweltbotschafter.“

Gemeinsam mit Gabor Wichmann, Geschäftsführer der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich, und Dagmar Gordon, Artenvielfaltexpertin der Umweltschutzorganisation Global 2000, verwies er auf die Notwendigkeit von Artenschutz in der Stadt. „Sind die Arten bedroht, sind unsere Lebensgrundlagen bedroht.“ Der Apus apus (lat.) ähnelt auf den ersten Blick in Gestalt und Lebensweise den Schwalben, mit denen er aber nicht näher verwandt ist. In Wien ist er in allen Bezirken zu finden. Der Bestand in Österreich wird aktuell auf etwa 25.000 bis 50.000 Brutpaare geschätzt.

Fünftel brütet in Wien

Als „Symbol für urbane Artenvielfalt“ prangen sie auf einem riesigen Wandgemälde an der Hauswand der Burggasse 82, live an Ort und Stelle wurde die Rufattrappe an der Hauswand der Burggasse 84 eingeschaltet. Damit der gefährdete gefiederte Diplomat seine Kinderstube hier einrichten kann, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein.

Eine Box, die Mauersegler-Rufe imitiert
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Über Lautsprecher, die Rufe von Mauerseglern abspielen, sollen Mauersegler in die Brutkästen gelockt werden

Ein Fünftel aller heimischen Mauersegler brüte in Wien, ergänzte Vogelexperte Wichmann. Der Stadt käme eine sehr große Verantwortung zu. „Als Gebäudebrüter sind Mauersegler auf unser menschliches Wohlwollen angewiesen.“ Der ortstreue Mauersegler benötige Nistplätze in Fassadenhohlräumen, die durch Sanierungen und Neubauten aber immer rarer würden.

Wichmann mahnte „gebäudebrüterfreundliche Haussanierungen bzw. Neubauten, den Erhalt bestehender Nistplätze und verbindliche Ersatzmaßnahmen“ ein. Besonders gerne richtet der Mauersegler seine Kinderstube in Giebeln und Dachböden alter Gebäude wie Gründerzeitbauten ein. Sie bieten mit ihren Stuckverzierungen und Mauerrosetten ideale Nischen und Hohlräume.

200.000 Kilometer pro Jahr

„Mauersegler sind als reine Insektenfresser direkt abhängig davon, dass es in ihrem Lebensraum ausreichend Insekten gibt“, fügte Gordon hinzu. Die Zugvögel verbringen fast ihr gesamtes Leben in der Luft, sie schlafen auch hier und fliegen pro Jahr um die 200.000 Kilometer bei einer Spitzengeschwindigkeit von 200 km/h.