Bradley Matthews und eine Kollegin montieren ein Messgerät für CO2
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Umwelt & Klima

Forschungsteam misst Wiens CO2-Ausstoß

Für die Klimaziele der Stadt sind die genauen Treibhausgasemissionen in Wien wichtig. Bisher werden die Zahlen anhand von Verbrauchsdaten berechnet. Ein Forschungsprojekt von BOKU und Umweltbundesamt gleicht diese Berechnungen jetzt mit Messungen ab.

Bis 2040 sollen Wiens Treibhausgasemissionen unterm Strich bei null liegen. Die Stadt setzt verschiedene Maßnahmen, um das Ziel zu erreichen. Dafür wird allerdings auch ein Monitoring der genauen Emissionen nötig sein. Das Umweltbundesamt berechnet derzeit einmal jährlich die Emissionszahlen und gibt sie in der Bundesländer-Luftschadstoffinventur (BLI) aus. Für Wien zeigt sich in den letzten 30 Jahren ein nahezu unverändertes Bild.

Überprüfung von Berechnungen

Den größten Anteil macht der Verkehrssektor aus. Derzeit wird dieser mittels Treibstoffverkäufen berechnet. Das Forschungsprojekt Vienna Urban Carbon Laboratory (VUCL) misst die CO2-Bilanz mit der Eddy-Kovarianz-Methode. Das Ziel laut Projektleiter Bradley Matthews: „Wir untersuchen diese messbasierten Methoden, um Emissionsschätzungen von Städten zu überprüfen.“ Die Ergebnisse der ersten drei Jahre seien vielversprechend, sagt Matthews.

Einige Bereiche, wie der Energie- und Abfallsektor, können von der Messung nicht erfasst werden. Rechnet man sie aus der BLI heraus, ist die Eddy-Kovarianz-Messung zwischen zwölf und 30 Prozent höher. „Es gibt bestimmte Quellen, die überhaupt nicht in der Inventur sind. Was wir messen, sind die Emissionen plus zum Beispiel die menschliche Atmung, und das kann in Städten einen großen Beitrag leisten.“ Der Beitrag der Atmung liege laut Matthews bei circa zehn Prozent der menschengemachten Emissionen – wobei es sich hier um CO2 handelt, das im biologischen Kreislauf schon vorhanden war.

Sonntagnachmittag weniger CO2-Emissionen

Gerade Wien eigne sich für die Überprüfung der Berechnungsmethode, weil „Städte große Quellen von Treibhausgasen sind“. Das liege daran, dass in Städten viele Menschen leben. Der Prokopfausstoß ist auf dem Land höher. Die Messgeräte des Projekts stehen auf dem A1-Funkturm im Arsenal auf 144 Metern Höhe. Seit Dezember 2017 wird dort 20-mal pro Sekunde gemessen. Der Standort ermöglicht es, rund 70 Prozent des Stadtgebiets abzudecken.

Die Messdaten geben auch Einblicke in den Alltag der Wienerinnen und Wiener. Zu Beginn der Coronavirus-Pandemie ging etwa der CO2-Ausstoß merklich zurück, so Matthews. „Wir sehen mehr Emissionen im Winter durch die Heizung und die Verbrennung dafür und dann im Sommer grundsätzlich weniger, wo der Verkehr dann den größten Beitrag leistet.“ Sonntagnachmittag erkenne man ebenfalls einen deutlichen Rückgang, weil der Verkehr hier weniger ist.

Abgebildet wird aber auch der tägliche Zyklus der Pflanzenwelt. „Das heißt, zu Mittag haben wir weniger Verkehr auf der einen Seite und einen größeren Beitrag von der Aufnahme von CO2 in der städtischen Vegetation.“

Blick über Wien im Zentrum der Funkturm im Arsenal
ORF/Christian Öser
Die Messung wird am Funkturm im Arsenal durchgeführt

Kein Ersatz für Inventur

Die Messergebnisse würden die Ergebnisse der BLI bestätigen. Als Ersatz dafür sei die Eddy-Kovarianz-Messung aber nicht gedacht. „Das ist auf keinen Fall der Plan. Diese Messungen dienen dazu, eventuell das Monitoring zu unterstützen. Das ist eine Art Validierung der Inventur.“ Das könne einerseits die städtischen Klimaplanerinnen und -planer unterstützen, die das Monitoring derzeit über die Inventur machen.

Messung des CO2-Ausstoßes

Bis 2040 sollen die CO2-Emissionen in Wien auf null sinken. Wichtig dafür ist überhaupt zu wissen, wie hoch die CO2-Emissionen sind. In einem Projekt von BOKU und Umweltbundesamt wird eine Methode ausprobiert, wie der CO2-Ausstoß Wiens gemessen werden kann.

Andererseits kann man die Ergebnisse nutzen, wenn es Diskrepanzen zwischen Berechnung und Messung gibt. „Dann muss man untersuchen, ob der Grund bei den Messungen selbst liegt oder ob bei der Inventur eventuell Quellen von Emissionen – etwa aus natürlichen Quellen – übersehen wurden“, so Matthews. Für die Klimaziele von Bund und Land liegt der Hauptbeitrag der Messung in der Validierung der Inventur.