Männer stehen in einem Lokal des AMS
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Wirtschaft

Arbeitslose werden ärmer

Die Zahl der Arbeitslosen steigt und Betroffene werden immer ärmer. Das zeigt eine Untersuchung des Momentum Instituts. Denn im Gegensatz zu anderen Sozialleistungen wird das Arbeitslosengeld nicht an die Inflation angepasst.

Im April ist die Arbeitslosigkeit um 1,6 Prozent gestiegen. Rund 330.000 Menschen in Österreich sind derzeit arbeitslos, knapp 140.000 davon in Wien. Sie gelten als die größten Verlierer der massiven Teuerungen, denn das Arbeitslosengeld und in der Folge auch die Notstandshilfe, werden nicht indexiert, im Gegensatz zu anderen Sozialleistungen.

Durchschnittliches Arbeitslosengeld gesunken

Zusätzlich kommt dazu, dass das durchschnittliche Arbeitslosengeld von 2021 auf 2022 gesunken ist. Von rund 1.000 Euro im Monat auf 970. Ein Grund dafür, neben der Inflation, ist laut Ökonom Jakob Sturn vom Momentum Institut: „Dass im Jahr 2021 Arbeitslosigkeit noch stärker ein Phänomen war, das auch in der Mitte der Gesellschaft verbreitet war – zum Beispiel aufgrund der Coronavirus-Arbeitslosigkeit. Deswegen wurde dort ein höheres Arbeitslosengeld bezogen.“

Arbeitslose werden immer ärmer

Laut einer aktuellen Studie des Instituts „Momentum“ werden Arbeitslose in Österreich immer ärmer. Grund dafür sei vor allem, dass das Arbeitslosengeld nicht an die Inflation angepasst wird.

2022 waren vor allem jene von Arbeitslosigkeit betroffen, die ohnehin schon wenig verdienen und „dann auch noch ein deutlich geringeres Arbeitslosengeld haben“. Wird man in Österreich arbeitslos, fällt man auf etwa 55 Prozent des Einkommens zurück. Das ist einer der größten Sprünge innerhalb der EU.

Frau sitzt vor einem Wasserspiel
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Frauen sind durch Pflege- und Betreuungsarbeit stärker von Arbeitslosigkeit betroffen

Frauen stärker betroffen

Damit liegen fast alle Bezieherinnen und Bezieher unter der Armutsgefährungsschwelle von rund 1.400 Euro. „Es gibt natürlich trotzdem Differenzen zwischen den Branchen. Jemand, der arbeitslos ist und davor in der Finanzbranche gearbeitet hat, bekommt das höchste Arbeitslosengeld im Durchschnitt. Jemand, der in der Erziehung und Unterrichtsbranche gearbeitet hat, bekommt das niedrigste Arbeitslosengeld“, so Sturn.

Besonders betroffen sind Frauen, weil sie – meist aufgrund sozialer Normen – häufiger Teilzeit arbeiten. Sturn: „Frauen erhalten ein Arbeitslosengeld, das im Schnitt 100 Euro unter jenem der Männer ist und es betrifft auch Migrantinnen. Also eine Frau mit österreichischer Staatsbürgerschaft bekommt rund zwölf Prozent weniger als ein österreichischer Mann. Eine Frau ohne österreichische Staatsbürgerschaft bekommt 22 Prozent weniger als ein österreichischer Mann.“

Soziologe fordert Indexierung und Erhöhung

Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des vorherigen Einkommens forderten daher zuletzt wieder unter anderem Arbeiterkammer, Gewerkschaft und SPÖ. Die ÖVP hatte geplant, die Erhöhung mit einem schnellen Absinken zu koppeln. Das wäre nicht gerecht, sagt Wirtschaftssoziologe Jörg Flecker. „Je älter jemand ist, desto länger sucht er nach Arbeit. Je eher jemand gesundheitlich Vermittlungseinschränkung hat, desto länger sucht jemand nach Arbeit. Das heißt, es werden die Leute, die lange gearbeitet haben benachteiligt. Es werden die Leute benachteiligt, die sich durch harte Arbeit eine Krankheit zugezogen haben.“

Es seien bereits fast die Hälfte der Arbeitslosen mit gesundheitlichen Problemen über ein Jahr auf Arbeitssuche. Seine Lösung, um Arbeitslose nicht in die Armut abrutschen zu lassen, braucht es eine Indexierung des Arbeitslosengelds und eine Erhöhung.