Hotel Intercontinental am Heumarkt, Totale
APA/HANS PUNZ
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Politik

Heumarkt-Projekt: Weiter viele Fragen offen

Das Hickhack um das umstrittene Heumarkt-Projekt dürfte weitergehen. Ein am Donnerstag veröffentlichtes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Thema Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wird von der Stadt und den Projektgegnern unterschiedlich interpretiert.

Der EuGH kam in seinem Urteil zu dem Schluss, dass es nicht ausschließlich von der Größe abhängen darf, ob es für ein Städtebauprojekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung braucht oder nicht. Wenn ein EU-Staat hier Schwellenwerte festlegt, seien auch andere Aspekte als der Standort zu berücksichtigen. Befinde sich das Projekt – wie das beim Heumarkt-Hochhaus der Fall sei – im Kerngebiet einer UNESCO-Welterbestätte, sei das Kriterium Standort besonders relevant, so der Gerichtshof.

Laut österreichischem Recht muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Städtebauprojekte ab einer Fläche von mindestens 15 Hektar und einer Bruttogeschoßfläche von mehr als 150.000 Quadratmeter durchgeführt werden. Das Heumarkt-Projekt liegt mit 1,55 Hektar bzw. 89.000 Quadratmeter unter den Schwellenwerten.

Rendering des Heumarkt Areals
APA/ISAY WEINFELD&SEBASTIAN MURR
Ein Beispiel, wie das Heumarkt-Areal in Zukunft aussehen könnte

Woller: Kein Zusammenhang mit „Heumarkt neu“

Die Stadt Wien sieht das Urteil betont unaufgeregt. Der Gerichtshof habe bewertet, ob die EU-Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung europarechtskonform in österreichische Gesetzesmaterie umgesetzt wurde, ließ Landtagspräsident und Welterbe-Beauftragter Ernst Woller (SPÖ) wissen. "Das vorliegende Urteil trifft jedoch keine Aussage zur Frage der Umweltverträglichkeit des Projektes „Heumarkt".“

EuGH zu Heumarkt: UVP nicht von Größe abhängig

Die endlose Geschichte des umstrittenen Heumarkt-Projekts ist um eine Facette reicher. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ein Urteil veröffentlicht, das besagt, dass die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bei einem Städtebauprojekt nicht nur von dessen Größe abhängen darf.

Denn Österreich habe die europarechtlichen Bedenken bereits berücksichtigt und das UVP-Bundesgesetz novelliert. „Die Entscheidung des EuGH bezieht sich daher auf eine nicht mehr aktuelle Gesetzeslage und sie steht auch in keinem Zusammenhang mit dem 2021 adaptierten Projekt ‚Heumarkt neu’“, so Woller.

„Nach dem EuGH-Urteil liegt die weitere Entscheidung zur Durchführung eines UVP-Verfahrens nun beim Wiener Landesverwaltungsgericht“, interpretierte Wertinvest-Geschäftsführerin Daniela Enzi die Entscheidung und verwies ebenfalls auf die laufende Redimensionierung. Das Verwaltungsgericht hatte sich im Zuge der Rechtsstreitigkeiten zur UVP-Thematik an den EuGH gewandt.

Projektgegner sehen Urteil als Erfolg

Die Umweltorganisation „Alliance for Nature“ erkennt im Urteil indes einen Erfolg. „Zukünftig müssen in Österreich nicht nur Stadtteile, sondern auch einzelne Bauprojekte, die ihrem Wesen nach ’städtisch‘ sind, einer UVP unterzogen werden, dies bevor andere Genehmigungen – darunter insbesondere Baubewilligungen – erteilt werden“, hielt Piotr Pyka, Anwalt der NGO, fest. „Die Baubewilligung für das umstrittene Projekt auf dem Heumarkt, für das bislang keine UVP durchgeführt wurde, rückt daher in weite Ferne.“ Für das Projekt müsse nämlich zunächst eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der UVP-Pflicht durchgeführt werden.

Die rechtliche Angelegenheit rund um die umstrittene Heumarkt-Bebauung, wegen der die Wiener Innenstadt nach wie vor auf der Roten Liste der gefährdeten UNESCO-Welterbestätten aufscheint, ist äußerst kompliziert. Die juristischen Streitigkeiten befassten in den vergangenen Jahren u. a. bereits das Bundesverwaltungsgericht, den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof.

Derzeit läuft bei der Stadt Wien eine Feststellungsprüfung zum Projekt „Heumarkt Neu“. Es wird geprüft, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist oder nicht. Die dafür zuständige MA 22 muss nun laut Fachleuten das Urteil des EuGH in ihre Entscheidung mit einfließen lassen.

Nächste Welterbekonferenz im September

Woller verwies am Donnerstag auch erneut auf ein Gutachten des Architekten Michael Klos. Laut diesem gefährdet das überarbeitete Projekt „Heumarkt neu“ das Welterbe nicht mehr. Den Bericht dazu und weitere geforderte Unterlagen habe man bereits im Vorjahr an das Welterbezentrum der UNESCO in Paris übermittelt.

Die nächste UNESCO-Welterbekonferenz findet von 10. bis 25. September 2023 in Riad/Saudi-Arabien statt. Ursprünglich war bereits im Juni 2022 eine Konferenz geplant – in Russland. Aufgrund des Krieges in der Ukraine wurde die Konferenz jedoch abgesagt. Bei der Welterbekonferenz wird darüber entschieden, ob Wien weiter auf der Roten Liste der bedrohten Welterbestätten bleibt.