Rendering des Heumarkt Areals
APA/ISAY WEINFELD&SEBASTIAN MURR
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Chronik

Heumarkt: Projektkritiker weiter für Rote Liste

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Heumarkt-Projekt könnte weitreichende Auswirkungen auf das Hochhausprojekt haben. So sieht das die Umweltorganisation „Alliance for Nature“. Sie will, dass das historische Zentrum weiter auf der Roten Liste der gefährdeten Weltkulturerbestätten bleibt.

„Alliance for Nature“ wertet die Entscheidung als klaren Erfolg. Man werde das UNESCO-Welterbezentrum über das Urteil in Kenntnis setzen. Solange unklar ist, wie weiter verfahren werde, müsse Wien auf der Roten Liste bleiben. Am Zug sei nun der Verwaltungsgerichtshof, der den EuGH selbst angerufen habe.

Das Turmprojekt von Michael Tojners Wertinvest ist Gegenstand eines am Donnerstag veröffentlichten Urteils des EuGH zur Thematik Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Die Richter kamen in ihrem Urteil zu dem Schluss, dass die Pflicht zur Durchführung einer UVP bei einem Städtebauprojekt nicht ausschließlich von dessen Größe abhängen darf. Wenn ein EU-Staat Schwellenwerte festlegt, seien auch andere Aspekte wie der Standort zu berücksichtigen.

„Direkte Auswirkungen“ aufs Projekt

Befinde sich das Projekt – wie das beim Heumarkt-Hochhaus der Fall sei – im Kerngebiet einer UNESCO-Welterbestätte, sei das Kriterium Standort besonders relevant, so der EuGH. Laut österreichischem Recht muss eine UVP für Städtebauprojekte ab einer Fläche von mindestens 15 Hektar und einer Bruttogeschoßfläche von mehr als 150.000 Quadratmetern durchgeführt werden. Das Heumarkt-Projekt liegt mit 1,55 Hektar bzw. 89.000 Quadratmeter unter den Schwellenwerten.

Das Urteil habe „direkte Auswirkungen“ auf das Projekt, befand Anwalt Piotr Pyka. Maßgeblich seien dafür nicht nur die Größenschwellenwerte. Es sei vom EuGH auch klargestellt worden, dass in Österreich die Mehrheit der Städtebauprojekte entgegen der geltenden Richtlinie keiner UVP unterzogen werde. Denn sie würden als Erschließungsvorhaben behandelt, also als Stadterweiterung und nicht als Einzelbauprojekte. Damit müsse keine Prüfung durchgeführt werden.

Dieser gesetzliche Passus – und damit die jüngste UVP-Novelle 2023 – ist nach Ansicht der Umweltorganisation nun klar als unionsrechtswidrig erkannt worden. Städtebauprojekte müssten als solche behandelt werden. Und auch bei Vorhaben mit geringerer Größe könne es erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt geben, verwies Pyka auf den entsprechenden Absatz im Urteil.

UVP-Gesetz müsse generell repariert werden

Für das Heumarkt-Projekt bedeutet dies laut „Alliance for Nature“ jetzt Folgendes: Für das umstrittene Vorhaben muss das Verwaltungsgericht Wien eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der UVP-Pflicht durchführen. Außerdem müsse das UVP-Gesetz generell repariert werden. Die jüngste Novelle reiche hier entgegen der Ansicht etwa des Rathauses nicht, betont man. Solange es keine Änderung gebe, müsse jedes städtische Projekt künftig einzeln dahingehend geprüft werden, ob eine UVP nötig ist, sind Umweltschützerinnen und Umweltschützer überzeugt.