Schild mit der Aufschrift Staatsanwaltschaft Wien vor dem Landesgericht Josefstadt in Wien
ORF.at/Patrick Wally
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chronik

Terroranschlag: Justiz räumt Irrtum ein

Kurz vor Prozessbeginn profitiert ein mutmaßlicher Waffenlieferant des Attentäters von Wien von einem Justizirrtum – für Ministerin Alma Zadic ein „inakzeptabler Fehler“. Es geht um ein irrtümlich eingestelltes Verfahren um ein Sturmgewehr, die Strafdrohung ist nun geringer.

Mit deutlichen Worten hat Justizministerin Zadic (Grüne) auf einen Irrtum bei der Staatsanwaltschaft Wien reagiert. Der hat zur Folge, dass sich nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt im November 2020 ein mutmaßlicher Waffenlieferant nicht umfassend vor Gericht verantworten muss: „Die Teileinstellung gegen Marsel O. ist ein inakzeptabler Fehler, der klare Konsequenzen nach sich ziehen muss“, sagte Zadic am Samstagnachmittag.

Terroranschlag: Justiz räumt Irrtum ein

Kurz vor Prozessbeginn profitiert ein mutmaßlicher Waffenlieferant des Attentäters von Wien von einem Justizirrtum – für Ministerin Alma Zadic ein „inakzeptabler Fehler“. Es geht um ein irrtümlich eingestelltes Verfahren um ein Sturmgewehr, die Strafdrohung ist nun geringer.

Deshalb habe sie sofort eine dienstrechtliche Prüfung der Causa einleiten lassen, hielt die Ministerin fest. Damit sich solche Fehler in Zukunft nicht wiederholen können, habe sie zudem weitere Schritte zur Stärkung der internen Fachaufsicht sowie strukturelle Änderungen in der betroffenen Behörde angeordnet: „Denn wir tragen hier eine Verantwortung, insbesondere gegenüber den Opfern und deren Angehörigen“, sagte Zadic.

Causa rund um Sturmgewehr eingestellt

Die Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, Nina Bussek, hatte Samstagmittag im Gespräch mit der APA den Fehler eingestanden und ihn bedauert. Der Angeklagte profitiere von einem Irrtum der Staatsanwaltschaft. Aufgrund einer bereits 2021 verfügten Verfahrenseinstellung kann er nicht mehr wegen der Übergabe des beim Anschlag im November 2020 in der Wiener Innenstadt verwendeten Sturmgewehrs an den späteren Attentäter zur Verantwortung gezogen werden.

Man sei an diese seinerzeit irrtümlich getroffene Verfahrenseinstellung „rechtlich gebunden“, sagte Bussek. Den Fehler dürfte man bei der Justiz erst wenige Tage vor der Hauptverhandlung bemerkt haben. Der Beschluss des zuständigen Richters, dass das Sturmgewehr nicht mehr Prozessgegenstand ist, datiert vom 26. Mai, also von gestern.

Zwei statt nur eines Verfahrens eingestellt

Laut Bussek sei der Fehler im Zuge der strafrechtlichen Aufarbeitung der Terrornacht passiert. Es sei gegen weit mehr als 30 Beschuldigte umfangreich ermittelt worden. Um die Staatsanwältin zu entlasten, die jahrelang engagiert und zeitintensiv die Ermittlungen leitete, wurde in einzelnen Fällen das Verfahren gegen am Rande Beteiligte ausgeschieden. Eine weitere Staatsanwältin bekam so einen Akt gegen einen Verdächtigen auf den Tisch, der – wie Bussek betonte – nichts mit dem Anschlag an sich zu tun hatte.

In einem Bericht, der sich zunächst primär auf diesen Mann und offenbar auf einen Verdacht in Richtung Verstoß gegen das Kriegsmaterialgesetz bezog, tauchte erstmals der Name des nun Angeklagten auf. Die zweite, nicht federführende Staatsanwältin bezog den Slowenen kurzerhand in ihren Akt ein. Nach Auswertung der Erhebungsergebnisse kam diese Anklägerin zum Schluss, dass gegen den ursprünglich Verdächtigen keine hinreichenden Verdachtsmomente vorlagen, um diesen weiter zu verfolgen.

Sie stellte daher das Verfahren gegen ihn ein, allerdings bezog sich die Einstellung versehentlich auch auf den jetzt Angeklagten. Behördenintern sei das offenbar nicht weiter aufgefallen und auch der in erster Linie zuständigen Staatsanwältin nicht zur Kenntnis gelangt.

Strafdrohung mit Sturmgewehr wäre höher gewesen

Der Angeklagte muss sich damit nur noch für eine am 25. September 2020 und damit wenige Wochen vor dem Attentat gelieferte Pistole der Marke Tokarev verantworten, die er dem späteren Attentäter sowie dem Vermittler des Geschäfts in Wien übergeben haben soll. Für das Vergehen gegen das Waffengesetz drohen ihm im Fall einer Verurteilung bis zu zwei Jahre Haft. Eine Mitwirkung bzw. Mitwisserschaft am Terrorakt ist nicht angeklagt. Die Staatsanwaltschaft geht auch nicht von einer Beteiligung am Mord aus.

Allerdings wäre die Strafdrohung eine höhere gewesen, würde es am kommenden Dienstag nicht nur um die Pistole, sondern auch um das Sturmgewehr gehen. Wer Kriegsmaterial ohne die hiefür erforderliche Bewilligung ein-, aus- oder durchführt oder vermittelt, muss mit bis zu drei Jahren Haft rechnen.