Ein mutmaßlicher Waffenlieferant vor Gericht
APA/Georg Hochmuth
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chronik

Anschlag: Neun Monate Haft für Waffenlieferanten

Am Dienstag ist am Wiener Landesgericht ein 32-jähriger Slowene zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Er soll laut Anklage einem Mittelsmann des Wiener Attentäters eine Pistole geliefert haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Schuldig erkannt wurde der Mann nach knapp 40-minütiger Verhandlung wegen insgesamt drei Verstößen nach dem Waffengesetz – dem unrechtmäßigen Besitz und der Weitergabe der Faustfeuerwaffe sowie der Munition. „Sie müssen die Freiheitsstrafe nicht im Gefängnis verbringen, wenn Sie sich in den nächsten drei Jahren wohl verhalten“, erklärte der Richter dem 32-Jährigen. Dieser nahm die Strafe an, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

Neun Monate Haft für Waffenlieferanten

Am Dienstag ist am Wiener Landesgericht ein 32-jähriger Slowene zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Er soll laut Anklage einem Mittelsmann des Wiener Attentäters eine Pistole geliefert haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Will Attentäter nicht gesehen haben

Er habe die Waffe für jenen Mann, der Anfang Februar am Wiener Landesgericht für die Vermittlung des Waffendeals nicht rechtskräftig zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe u.a. wegen Beihilfe zum Mord verurteilt wurde, besorgt. Den späteren Attentäter habe er „weder gesehen noch mit ihm gesprochen, noch habe ich von ihm gehört.“ In Slowenien habe er öfter einen Schießstand besucht und dort „Leute kennengelernt“, die ihm die Waffe besorgt hätten. „Illegal“ und „schwarz“, wie der Richter darauf festhielt.

Mit seinem Auto sei er zum Wohnhaus des Vermittlers in Wien gefahren. Dieser habe die Tasche mit Pistole und Munition genommen und weggebracht und danach die 2.000 Euro, die der Slowene für das Geschäft erhielt, zum Auto gebracht. Dann seien sie gemeinsam weggefahren, so der Slowene. Auf die Frage des Richters hin betonte der Angeklagte, dass dies „kein normales Geschäft“ sei: „Ich habe einem Freund einen Gefallen getan, aber es tut mir aufrichtig leid.“

Kein Urteil nach Kriegsmittelgesetz

Die Staatsanwaltschaft Wien billigte ihm zu, dass er nicht gewusst haben muss, dass mit dieser Waffe ein Mord begangen werden würde. Im Verfahren gegen den Vermittler, der im Gegensatz zu dem Slowenen nach dem Kriegsmittelgesetz verurteilt wurde, war ein wichtiges Argument der Staatsanwältin, dass dieser bei der Vermittlung des Sturmgewehres der Marke Zastava wissen hätte müssen, dass damit Menschen umgebracht werden würden. „Das benutzt man nicht zum Jagen“, sagte die Staatsanwältin damals.

Ein mutmaßlicher Waffenlieferant vor Gericht mit seiner Anwältin
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Der Angeklagte mit seiner Anwältin Maja Ranc

„Es wäre mir in 100 Jahren nicht eingefallen, dass die Waffe für solche Zwecke verwendet werden würde“, betonte der Angeklagte. Er habe gedacht, der als Vermittler verurteilte Mann sei in Ordnung. Als er zum ersten Mal davon erfahren habe, dass diese Waffen für den Anschlag verwendet wurden – vor dem Untersuchungsrichter in Slowenien –, sei er geschockt gewesen.

Am Ende der Verhandlung zeigte sich der Angeklagte reumütig: „Es tut mir unendlich leid. Wenn es möglich wäre, würde ich die Tat ungeschehen machen und nicht mehr so unbedacht handeln. Als ich gehört habe, was mit der Waffe passiert ist, konnte ich es einfach nicht glauben und war unendlich traurig“. Der Attentäter hatte die Waffe beim Terroranschlag am Abend des 2. November 2020 in die Innenstadt mitgenommen, wo er vier Passanten mit einem Sturmgewehr tötete, ehe er von der Polizei erschossen wurde.

Waffenlieferung war nicht Prozessgegenstand

Auch das Sturmgewehr soll er von dem Slowenen bekommen haben. Die Zastava M70 – ein im ehemaligen Jugoslawien hergestelltes, auf der Technik des Kalaschnikow-Sturmgewehrs AK-47 beruhendes Modell – war allerdings nicht mehr Prozessgegenstand – aufgrund eines „inakzeptablen Fehlers“ der Staatsanwaltschaft Wien, wie Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Pfingstwochenende eingeräumt hatte.

Die Anklagebehörde hatte 2021 irrtümlich vorzeitig ein Verfahren eingestellt, in das der Slowene einbezogen war. Er kann daher nicht mehr für die im bereits im Juni 2020 erfolgte Zustellung der Zastava – ein möglicher Verstoß gegen das Kriegsmaterialgesetz – zur Verantwortung gezogen werden. Ihm wird, bezogen auf die Faustfeuerwaffe, nur mehr ein Vergehen nach dem Waffengesetz angekreidet, was eine Reduktion des Strafrahmens bewirkte.

Zadic ordnete dienstrechtliche Prüfung an

Der 32-Jährige befindet sich auf freiem Fuß, die Staatsanwaltschaft Wien hatte nie seine Festnahme beantragt. Der erst vor wenigen Tagen bekannt gewordene Lapsus bei der Staatsanwaltschaft hatte indes bereits Folgen. Justizministerin Zadic leitete eine dienstrechtliche Prüfung ein und ordnete eine Stärkung der internen Fachaufsicht sowie strukturelle Änderungen in der Wiener Anklagebehörde an.