Divine Violence (detail), 2013
The Late Estate Broomberg & Chanarin, courtesy of The Goodman Gallery MACK
The Late Estate Broomberg & Chanarin, courtesy of The Goodman Gallery MACK
Kultur

Foto Wien im Zeichen von Fake und Wahrheit

Zum zehnten Mal findet seit Donnerstag das Festival Foto Wien statt. Mit rund 300 Veranstaltungen und 110 Standorten erstreckt es sich einen Monat lang über ganz Wien. Motto des Festivals: „Photography Lies“ („Die Lügen der Fotografie“).

Thematisch steht die Jubiläumsausgabe mit dem Leitmotiv somit im Zeichen aktueller Debatten rund um Wahrheitsgehalt von Fotos, Authentizität und Deutungsmacht von Bildern. Als Festivalzentrale dient das MuseumsQuartier (MQ), wo Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und Felix Hoffmann, künstlerischer Leiter, das Programm im Detail präsentierten – inklusive Videobotschaft von Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Dieser hob darin die Brisanz des Festivalmottos hervor. Vor dem Hintergrund von Deepfakes und KI-Programmen müssten wir „ganz neu lernen, zwischen Bild und Wirklichkeit zu unterscheiden“, so der Bundespräsident. Auch Hoffmann betonte, Fotos hätten zwar den Schein von Realität, aber seien historisch immer wieder in bestimmte Lesarten gerückt worden.

Eine Rakete in einem ukrainischen Feld neben Kühen, im April 2022 in der Nähe von Lukashivka
Anastasia Vlasova
Eine Rakete in einem Feld in der Nähe von Lukaschiwka in der Ukraine – zu sehen in der Ausstellung „Documenting Ukraine“

Bis Ende Juni

Foto Wien von 1. bis 30. Juni an verschiedenen Locations, Festivalzentrale im MuseumsQuartier, Museumsplatz 1, 1070 Wien.

Drei Eröffnungsausstellungen

Verantwortlich für die Jubiläumsauflage ist erstmals das neue Foto Arsenal, das Anfang 2025 seine Pforten im Arsenal-Gelände öffnen will, ebenfalls unter Leitung von Hoffmann. Als erster großer Standort für zeitgenössische Fotografie soll das Foto Arsenal ein „starkes Zeichen“ setzen, das mit dem diesjährigen Foto Wien Festival beginne, wie Kaup-Hasler sagte. Bis dahin verweilt das 2022 von der Stadt Wien ins Leben gerufene Institut im MQ.

Dementsprechend markieren im MuseumsQuartier drei Eröffnungsausstellungen den Auftakt. Kernstück in der Festivalzentrale ist die Ausstellung „Crossing Lines. Politics of Images“, kuratiert von Hoffmann und der Kiewer Künstlerin Kateryna Radchenko. Drei Kapitel versuchen, der Rolle von Fotos in Nachrichtenplattformen und sozialen Netzwerken, von Zirkulation bis Rezeption, auf den Grund zu gehen – und wie diese womöglich politischen Zwecken verfallen.

Um Transparenz geht es wiederum bei „How to Make a Book with Steidl“. Vor der Geräuschkulisse von Druckmaschinen machen mehrere Stationen von Kurator Gerhard Steidl die komplexe Produktion von Büchern nachvollziehbar. Direkt daneben befindet sich die Ausstellung „Paris Photo-Aperture PhotoBook Award“, die Fotobücher präsentiert, die mit dem gleichnamigen Fotopreis, der seit 2012 wichtige Fotobücher honoriert, ausgezeichnet wurden.

Dichtes Programm zwischen Gürtel und Donau

Allerdings stellen die Ausstellungen im MQ nur einen kleinen Teil des Angebots dar. Vor allem zwischen Gürtel und Donau findet sich kaum ein leeres Fleckchen auf der Festivalkarte. Unter 90 Partnerinstitutionen, die von einer Fachjury ausgewählt wurden, befinden sich neben Museen und Galerien ebenso Hotels, Botschaften, Kinos und Gedenkstätten.

Wobei auch Außenbezirke nicht leer ausgehen. Beispielsweise der Bildraum in Favoriten will mit „Documenting Ukraine: Bearing Witness to War“ die subjektive Wahrnehmung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine über Fotografien vermitteln.

„Transporting Puddle A to Puddle B“, 2007_2022
Niwa Yoshinori
„Transporting puddle A to puddle B“, also Transport der Pfütze A zur Pfütze B – so lautet der Titel dieses Bildes von Niwa Yoshinori, das im „weissen haus“ zu sehen ist

Eröffnungstage bis Sonntag

Ab Freitag und bis Sonntag findet ein besonders gebündeltes Programm für die „Opening Days“ statt. Panels und Diskussionsrunden behandeln das Festivalmotto, während 30 Verlage in den „Book Days“ internationale Fotobücher – Schwerpunkt Ukraine, Polen, Ungarn – präsentieren und im ZOOM Kindermuseum Workshops zum Thema Fake-Bilder abgehalten werden.

Zum Abschluss der Eröffnungstage am Sonntag geht im Architekturzentrum die erste „Vienna Vintage Photo Fair“ mit historischen Fotografien über die Bühne. Ebenfalls neu für die Jubiläumsausgabe ist eine begleitende Fotobuchpublikation vom Steidl Verlag, mit Gruß- und Vorworten von Kaup-Hasler und Van der Bellen.