Sänger Till Lindemann mit einem Feuerwerfer
Jens Koch
Jens Koch
chronik

Absage von Rammstein-Konzerten gefordert

Die Grünen treten nach den Vorwürfen der sexuellen Übergriffigkeit gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann für eine Absage der beiden Konzerte im Ernst-Happel-Stadion Ende Juli ein. Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) fordert „geeignete Schutzkonzepte“.

„Den Veranstaltern muss nach Bekanntwerden dieser schweren Vorwürfe klar sein, dass ein Konzert dieser Band kein sicherer Ort für Frauen ist. Solange die Vorwürfe nicht restlos geklärt sind, müssen diese Konzerte in Wien abgesagt werden“, wurde Grünen-Frauensprecherin Viktoria Spielmann in einer Aussendung zitiert.

Mehrere Frauen hatten in den vergangenen Tagen – teilweise anonym – den Vorwurf der sexuellen Übergriffigkeit gegen Rammstein-Frontmann Lindemann erhoben. Die Frauen schilderten Situationen, die sie teils als beängstigend empfunden hätten. Junge Frauen seien während Konzerten ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur Aftershowparty kommen wollen. Dabei soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein.

Lindemann weist Vorwürfe zurück

Lindemann wies am Donnerstag die Behauptungen einiger Frauen vehement zurück, im Umfeld von Konzerten unter Drogen gesetzt worden zu sein, um sexuelle Handlungen an ihnen vorzunehmen. „Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr“, hielten seine Anwälte fest und kündigten rechtliche Schritte gegen die Vorwürfe an. In einer Rammstein-Stellungnahme von Samstag hatte es zunächst geheißen, die Vorwürfe hätten die Band sehr getroffen und man nehme sie außerordentlich ernst. „Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit“, hieß es darin.

Die Grünen treten abseits der Absage der beiden Rammstein-Konzerte in Wien dafür ein, Konzerte generell sicher für Frauen zu gestalten und sexualisierte Übergriffe zu verunmöglichen. „Reihen Null“ sollen nach Ansicht der Partei gänzlich unterbunden werden. Zudem brauche es verpflichtende Safe Spaces in Konzertlocations und Awarenessteams vor Ort, an die man sich im Fall der Fälle wenden kann. „Konzertveranstalterinnen und -veranstalter sind in der Pflicht, entsprechende Maßnahmen und eine Zero Tolerance Policy umzusetzen“, so Meri Disoski, stellvertretende Grünen-Klubobfrau und Frauensprecherin.

Petition mit Appell an Veranstalter

Auch Raab meldete sich in der Causa unlängst via Twitter zu Wort: „Ich halte die Debatte in Deutschland über Möglichkeiten zum besseren Schutz von Frauen bei den Konzerten für richtig. Die Veranstalter und die Stadt Wien sind im Hinblick auf die geplanten Rammstein-Konzerte im Juli gefordert, geeignete Schutzkonzepte zu erstellen.“

Unterdessen wurde die Petition „Mein Aufstehen“ ins Leben gerufen, die die Konzertveranstalter Arcadia Live und die Betreiber des Ernst-Happel-Stadions auffordert, mutmaßlichen Tätern keine Bühne zu bieten und die Rammstein-Konzerte abzusagen. Sie wurde bisher von rund 4.000 Personen unterzeichnet. Eine APA-Anfrage an Arcadia Live blieb bisher unbeantwortet.

Rufe auch in der Schweiz

Unterdessen verfolgt auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Debatte „intensiv“, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag bei einer Pressekonferenz auf Nachfrage. Er sprach von Vorwürfen, „die aufgeklärt gehören“. Auf weitere Nachfrage, ob Scholz Veränderungen in der Musikbranche für nötig halte, sagte der Sprecher, die Debatte darüber sei in der Branche zu führen.

In der Schweiz wurden zugleich Rufe nach einer Absage der Rammstein-Konzerte im Berner Stade de Suisse am 17. und 18. Juni laut. Entsprechende Forderungen kamen etwa von der Juso Schweiz, vom feministischen Streikkollektiv oder von SP-Kantonsrat und Polizei-Gewerkschafter Patrick Portmann. Der Veranstalter der Konzerte in der Schweiz, Gadget abc, verwies darauf, dass bisher weder der Band noch einem Bandmitglied strafbare Handlungen nachgewiesen worden seien. Vor diesem Hintergrund gebe es juristisch gegenüber Vertragspartnern keine Basis für eine Konzertabsage.