Demonstranten mit Transparent
APA/Helmut Fohringer
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Bildung

Tausende bei Demo der Freizeitpädagogen

Beim „Aktionstag Bildung“ haben rund 70 Organisationen und mehrere tausend Menschen für bessere Lern- und Arbeitsbedingungen demonstriert. Besonders zahlreich vertreten waren die Freizeitpädagogen und -pädagoginnen. Sie wehren sich gegen eine Reform ihres Berufsbildes.

70 Organisationen und zivilgesellschaftliche Initiativen gingen am Donnerstag beim „Aktionstag Bildung“ für „inklusive Bildung und für bessere Aufwachs-, Lern- und Arbeitsbedingungen im Bildungsbereich“ auf die Straße. In Wien demonstrierten einige Tausend, in fünf weiteren Landeshauptstädten fanden Demos und Aktionen im öffentlichen Raum statt. In Wien und Graz wurde auch gestreikt.

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Demonstrantinnen mit Trommeln
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Demonstrantinnen mit Schildern
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Demonstrantinnen mit Schildern
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Demonstrantinnen mit Transparent
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Demonstrantinnen mit Schildern
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Demonstrantinnen mit Schildern
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Demonstrantinnen mit Schildern
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Menge an Demonstranten
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Demonstranten mit Pfeifen
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In Wien, wo laut Organisatoren rund 4.000 Menschen zur Kundgebung in den Votivpark gekommen waren, wurde auf den Plakaten weniger Bürokratie, mehr Personal, Unterstützung und Autonomie gefordert. Sehr präsent waren auch Forderungen nach einem Bildungssystem mit genügend Ressourcen, damit auch behinderte Menschen gleichberechtigt daran teilnehmen können. Der Jugendrat wünschte sich „die Jugend auf die Barrikaden“.

Zahlreich vertreten waren bei der Demo auch Freizeitpädagoginnen und -pädagogen von Bildung im Mittelpunkt (BiM). Diese hatten sich nach ihrem eigenen Protestmarsch, bei dem auch Neo-SPÖ-Chef Andreas Babler vorbeischaute, der Aktionstagsdemo angeschlossen.

Kritik der Freizeitpädagogen an Änderung

Die Kritik der Freizeitpädagogen richtet sich gegen die Umwandlung ihres Berufsbildes zu Assistenzpädagogen. Derzeit sind diese an ganztägigen Schulen für die Gestaltung des Freizeitteils zuständig. Künftig sollen sie auch Lernzeiten übernehmen bzw. im Unterricht mithelfen dürfen. Laut einem ersten Entwurf sollen sie dafür anders als bisher ab 1. September 2024 Matura haben müssen, umgekehrt würde die Dauer ihrer Ausbildung von zwei auf ein Semester halbiert.

Andreas Babler mit Demonstranten
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Auch Neo-SPÖ-Chef Andreas Babler mischte sich unter die Demonstrierenden

Bisheriges Personal soll zwar die Matura nicht nachmachen müssen und grundsätzlich übernommen werden, es würde allerdings in ein öffentliches Dienstverhältnis überführt werden. Von den rund 5.000 Freizeitpädagogen sind rund 2.300 bei BiM beschäftigt, einer GmbH im Eigentum der Stadt Wien. „Letztlich geht es um eine Verstaatlichung dieses Bereichs, ein unfriendly Take-over“, so Walter Marschitz, Geschäftsführer der Sozialwirtschaft Österreich.

„Gegen Zerstörung eines bewährten Systems“

Mit den Plänen des Bildungsministeriums würden mehrere Ziele vermengt: die Schaffung pädagogischen Unterstützungspersonals, der Ausbau der Nachmittagsbetreuung und eine Kompetenzbereinigung im Bildungsbereich. „Diese Intentionen werden von uns im Grundsatz geteilt“, meinte Marschitz. „Wir glauben aber nicht, dass das derzeit bewährte System der schulischen Nachmittagsbetreuung zerstört werden muss.“

Freizeitpädagogen protestieren wieder

Erneut demonstrieren Freizeitpädagogen und Freizeitpädagoginnen in Wien gegen eine Reform ihres Berufsbildes. Diese brächte aus ihrer Sicht eine Benachteiligung für bestehendes Personal mit sich. Die Rede ist von einer „unfreundlichen Übernahme“ durch den Staat.

Freizeitpädagogen würden derzeit etwa zahlreiche Zusatzaufgaben erfüllen und direkt am Standort mit den Schulleitungen kooperieren, meinte Hilfswerk-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm. So würden etwa Frühbetreuung und Ferienbetreuung übernommen und die Essensbestellung organisiert. Mit den Plänen würde die Organisation der Tagesbetreuung in die Bildungsdirektionen wandern und die lokale Vielfalt zerstört.

Fehlende Rechtssicherheit

BiM-Geschäftsführer Mario Rieder befürchtete durch die Umstrukturierung ein Absinken der Qualität. Für die Aufgaben in der Freizeitpädagogik brauche man nicht unbedingt Matura, sondern etwa Lebenserfahrung. Das geplante Erfordernis einer Reifeprüfung ab Oktober 2024 schrecke jetzt schon Bewerber ab. Darüber hinaus wisse man nicht, was konkret mit dem derzeitigen Personal passiert. Wenn dieses den Arbeitgeber wechsle, müsse es zuerst gekündigt und dann neu angestellt werden. „Es gibt keine Rechtssicherheit, ob sie übernommen werden und in welcher Form sie übernommen werden.“

Gipfeltreffen zu und Einbindung in Reform gefordert

Protest kommt außerdem vonseiten der Sozialwirtschaft, etwa von Hilfswerk und Volkswirtschaft. Denn auch sie würden die Änderungen stark betreffen – und zwar bei Ausbildung und Organisation. Die bisherigen Träger wie Hilfswerk, Volkshilfe und Kinderfreunde sollen nicht mehr zuständig sein, stattdessen direkt die Bildungsdirektionen.

Das kritisieren nun diese Organisationen und ihre Interessenvertretung, die Sozialwirtschaft Österreich. So werden etwa Chaos durch den Zeitplan für die Reform und Qualitätsverluste befürchtet. Die Branche fordert vom Bildungsministerium nun ein Gipfeltreffen und dass man sie in die Reformplanung einbindet.