9 Plätze – 9 Schätze

Kaasgrabenkirche

Die Kaasgrabenkirche, die auch Wallfahrtskirche „Mariä Schmerzen“ genannt wird, ist eine römisch-katholische Kirche im Stadtteil Grinzing im 19. Wiener Gemeindebezirk. Um die neubarocke Kirche ranken sich einige Legenden. Und ihre Erscheinung mitten in den Weinbergen ist genauso sehenswert wie ihr Inneres und die Umgebung rundherum.

Der Name ist nicht besonders klangvoll, das Erscheinungsbild der Kirche mit den mächtigen Treppen und dem neubarocken Turm lässt aber alle staunen, die den Weg in den Döblinger Stadtteil Grinzing finden. Umgeben von Weinreben thront dort die Kirche, die seit 1939 im Rang einer Pfarrkirche steht.

Den Namen Kaasgrabenkirche verdankt sie einem alten Flurnamen, der vermutlich auf eisen- und schwefelhaltiges Wasser zurückgeht. Chäswasser war die Bezeichnung für übelriechendes Quellwasser. Heute weiß man, dass in diesem Bereich in größerer Tiefe tatsächlich schwefelhaltiges Thermalwasser vorhanden ist, das offenbar gelegentlich durch Druckanstieg an die Erdoberfläche gepresst wird oder zumindest wurde. Ein solcher „Aufstoß“ – so der geologische Fachausdruck – wurde noch Anfang des 20. Jahrhunderts unweit der Kirche nachgewiesen.

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Kaasgrabenkirche vor Weinbergen
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Kaasgrabenkirche in Grinzing
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Kaasgrabenkirche in Wien
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Der Innenraum der Kaasgrabenkirche
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Innenraum Kaasgrabenkirche Wien
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Der Innenraum der Kaasgrabenkirche
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Orgel der Kaasgrabenkirche
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Eine Statue in der Kaasgrabenkirche
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Statue in der Kaasgrabenkirche Wien
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Glocke der Kaasgrabenkirche in Wien.
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Legende um Kirchenentstehung

Um die Entstehung der Kirche rankt sich eine Legende: Eine junge Frau aus Grinzing soll während der Zweiten Wiener Türkenbelagerung im Jahr 1683 von umherstreifenden Türken verfolgt worden sein. Mit ihrem Kind auf dem Arm soll sie zur Muttergottes um Hilfe und Rettung gerufen haben. Schließlich versteckte sie sich hinter einem Holunderbusch. Als die Soldaten den Fußspuren nachgingen und zu dem Busch kamen, flogen plötzlich Schwalben auf, die sich ebenfalls dort niedergelassen hatten.

Die Soldaten gingen davon aus, dass sich bei so vielen Schwalben kein Mensch verbergen könnte. Sie kehrten um, und Mutter und Kind waren gerettet. Sobald die Türken abgezogen waren, pilgerte die Frau oft zu dieser Stelle und betete vor einem Bild der „Schwalbenmuttergottes“, das sie in der Nähe dieses Busches im Wald angebracht hatte. Später stand ein Marterl an dieser Stelle.

Neobarocke Kirche steht seit 1910 auf Grinzinger Höhe

1883 ließ ein Fuhrwerksunternehmer namens Kothbauer, der Sandgruben im Kaasgraben besaß, dort eine kleine Kapelle errichten, anlässlich des 200. Jubiläums der angeblichen Errettung von Mutter und Kind. 1903 wurde die Kongregation der Oblaten des heiligen Franz von Sales mit der Besorgung der Gottesdienste betraut.

Die Kaasgrabenkirche befindet sich im 19. Bezirk in der Ettingshausengasse 1. Erreichbar via Straßenbahnlinie 38 Station „An den langen Lüssen“, danach ca. 850 Meter Fußweg. Mit dem Auto am besten „Stefan-Esders-Platz, 1190 Wien“ ins Navi eingeben.

Weil in der Folge immer mehr Menschen zu der Kirche pilgerten, baute die Kongregation 1909/1910 auf der sogenannten Grinzinger Höhe eine Kirche – und zwar nach Plänen von Franz Kupka und Gustav Orglmeister in neobarocken Formen. Dass die Kirche überhaupt gebaut werden konnte, ist hauptsächlich der finanziellen Unterstützung des Großindustriellen Stephan Esders zu verdanken. Er erfüllte damit ein Gelübde. Neben dem Kircheneingang ist rechts ein Marmormedaillon mit reliefartigem Porträt dieses Mäzens zu sehen.

Die hufeisenförmig ansteigenden Stiegenaufgänge tragen an der inneren Seite Steinreliefs, die einen Kreuzweg zeigen. Betritt man den hellen Kirchenraum, der in Proportion und Gliederung klar und einfach ist, wird der Blick sofort auf den Hochaltar mit der barocken Madonnafigur aus Marmor gelenkt. Das Altarbild dahinter zeigt Maria verehrende Engel. Rechts und links des Altars befinden sich Statuen des Heiligen Franz von Sales und des Heiligen Bernhard. Am linken Seitenaltar wurde eine lebensgroße barocke Skulptur der Schmerzhaften Muttergottes aufgestellt, die schon in der alten Schwalbenkapelle stand.

Wallfahrtsort und Missionsmuseum

Fast 50 Jahre lang – vom Zeitpunkt der Errichtung bis in die frühen sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts – war die Kirche Ziel vieler Wallfahrergruppen. An Marienfeiertagen wurden bis zu viertausend Pilger gezählt. Im Pfarrhaus gab es auch das „1. Missionsmuseum Wiens“, das 1930 eröffnet wurde. Aus den Missionsgebieten der Patres Oblaten, großteils aus Afrika, war eine große Zahl von Gebrauchs- und Kunstgegenständen, Waffen, Tierfellen und sogar eine präparierte Löwengruppe zu sehen. Während des Krieges und der Nachkriegszeit gingen Teile der Sammlung verloren, und diese wurde schließlich nach Dachsberg in Oberösterreich verlegt.

Die Zeit der zahlreichen Wallfahrten ist heute vorüber. Wegen ihrer Schönheit ist die Kirche aber bei Hochzeitern äußerst beliebt, die die romantische Umgebung mitten in den Weinbergen schätzen. Auch viele Kinder werden hier getauft. Und so schließt sich der Kreis zur Legende, der zufolge ja auch ein Kind einst gerettet wurde. Ein Ausflug zur Kaasgrabenkirche mit ihren interessanten Geschichten und dem Blick zahlt sich in jedem Fall aus.