9 Plätze – 9 Schätze

Wurstelprater

Der Wurstelprater im zweiten Wiener Gemeindebezirk ist ein Vergnügungspark mit bewegter Geschichte und vielen Geschichten. Er wird in Urkunden aus dem Jahr 1825 als Volksprater erwähnt, seine Geburtsstunde schlug aber schon früher. Umgeben von einem Erholungsgebiet, dem Grünen Prater, beherbergt er auch das weltberühmte Wiener Wahrzeichen, das Riesenrad.

„Den Wurtschtl, mei liaber, den kann kana daschlogn“, so heißt es in dem alten Wienerlied „Der Wurschtel“. Und fürwahr: der Wurschtel und seine Fans leben in Wien schon lange. Auf einer Fläche von 300.000 Quadratmetern erstreckt sich das Areal des Wurstelpraters an der Nordwestspitze des Grünen Praters zwischen Donau und Donaukanal. Gleich beim Eingang weht einem der Duft von Zuckerwatte und Langos entgegen, Gekreische und Musik sind zu hören. Man betritt eine sagenhafte Phantasiewelt zwischen Grusel, Staunen, Adrenalinkick und Wiener Geschichte. Deshalb bietet der Wurstelprater weit mehr als ein gewöhnlicher Vergnügungspark.

Der Wurstelprater befindet sich im 2. Bezirk, der Haupteingang ist über die Station Praterstern erreichbar. Hier treffen sich die U-Bahnen U1 und U2, die Straßenbahnen O und 5, die Bus-Linien 5B, 80A und 82A sowie diverse Schnellbahnen. Mit dem Auto kann man etwa im Parkhaus Prater-Ausstellungsstraße oder am Parkplatz Prater- Waldsteingartenstraße parken.

Aus „Wursteltheatern“ wurde der Wurstelprater

Der Grüne Prater war über Jahrhunderte kaiserliches Jagdgebiet. Infolge eines „Avertissements“ Josef II. vom 7. April 1766 wurde er für die Allgemeinheit geöffnet. Außerdem wurde kurz darauf die Erlaubnis erteilt, „Hutschen nach niederländischer Art“, ein Ringelspiel und eine „Machine per modum einer Schlittenfahrt“ vor Ort in Betrieb zu nehmen. Diese Erlaubnis wurde durch eine ausdrückliche Genehmigung für Wirtshäuser, Kaffeesieder und Weinschenken ergänzt. Das stellt den Beginn des sogenannten Wurstelpraters dar. Zu den ersten Praterunterhaltungen gehörten die Kasperltheater, die in Wien auch als „Wursteltheater“ bezeichnet wurden. So kam der Wurstelprater zu seinem Namen.

Fotostrecke mit 10 Bildern

Wiener Riesenrad im Sonnenaufgang
Andreas Eberhart
Toboggan im Wiener Würstelprater
ORF/Günther Langegger
Autodrom im Wurstelprater
ORF/Günther Langegger
Wiener Riesenrad bei Tag
Ingo Bartussek
Historische Postkarte zeigt den Wurstelprater
Sammlung Wien Museum/Deutsch’s Postkartenverlag
Kasperltheater der Barbara Fux im Wurstelprater
Sammlung Wien Museum/Emil Mayer
Historische Aufnahme vom Kasperltheater im Prater
Sammlung Wien Museum/Emil Mayer
Kinder am Pferderingelspiel
Sammlung Wien Museum/Emil Mayer
Mädchen am Ringelspiel
Sammlung Wien Museum/Emil Mayer
Süßigkeitenstand im Wurstelprater
Sammlung Wien Museum/Emil Mayer

Luftfahrexperimente auf der Praterwiese

Um 1800 führte man in Anlehnung an das Barock auch szenische Feuerwerke auf, die Geschichten anhand von Feuerbildern erzählten. Der Feuerwerker Johann Georg Stuwer war mit seinen Nachkommen mehr als hundert Jahre für die meisten Feuerwerke im Prater verantwortlich. Auf sie geht auch der Name des „Stuwerviertels“ im zweiten Wiener Gemeindebezirk zurück – dem Bereich der ehemaligen Feuerwerkswiese. Die Stuwers machten dort auch Luftfahrtexperimente, wie 1784 den ersten bemannten Flug in einem an Seilen festgehaltenen hölzernen Luftschiff.

Immer wieder gab es Besonderes im Prater. 1844 ging Basilio Calafatis damals hochmodernes Eisenbahnkarussell in Betrieb. Noch heute gibt es mitten im Wurstelprater den Calafatiplatz – mit einer neun Meter hohe Figur namens „Calafati“, der Nachbildung einer Chinesen-Figur, die einst das Karussell des Basilio Calafati schmückte.

Riesenrad feiert heuer 125-jähriges Jubiläum

Mitte 1897, also heuer vor genau 125 Jahren, wurde das weltberühmte Riesenrad eröffnet, zur Feier des 50. Thronjubiläums Kaiser Franz Josefs I. Mit fast 65 Metern Höhe gilt es als das Wahrzeichen Wiens. Aufsehen erregte ein Jahr nach der Eröffnung die Aktion der Wienerin Marie Kindl. Um auf ihre Armut und soziale Not hinzuweisen, hängte sie sich während der Fahrt aus dem Fenster eines Waggons.

Im zweiten Weltkrieg wurde der Wurstelprater fast vollständig zerstört und in den folgenden Jahren wieder aufgebaut. Noch heute gibt es hier die angeblich älteste Holzrutsche der Welt: der „Toboggan“, in dem man auf einem Sack von einem Turm hinunterrutscht. Der Toboggan wurde 1913 unter dem Namen „Teufels Rutsch“ eröffnet. Um ihn rankt sich die Gruselgeschichte um eine tödliche Rutschpartie. In den neunzehnfünfziger Jahren soll eine Besucherin beim Rutschen getötet worden sein, weil sich ein Brett in der Rinne gelöst und die junge Frau aufgespießt haben soll. Die wahre Geschichte laut Besitzerin: Eine junge Frau hatte sich an einem Holzsplitter verletzt, musste ins Spital und konnte es wieder verlassen – und zwar lebend. Holzsplitter sind inzwischen jedenfalls keine Gefahr mehr: die Rutsche ist schon lange mit Polyester überzogen.

Vergnügungspark für Jung und Alt

Wer den Adrenalinkick sucht, findet ihn in einer der Geisterbahnen, Achterbahnen oder in einer der ganz wilden Attraktionen wie der „Black Mamba“. Richtig abheben geht auch am „Prater Turm“, einem Kettenkarussell, das Schwindelfreie in 117 Meter Höhe bringt und mit einem unvergesslichen Weitblick weit über Wien hinaus belohnt. Deutlich gemütlicher geht es bei Ringelspielen oder der Alt Wiener Grottenbahn zu. Mit der Liliputbahn kann man durch einen Teil des Grünen Praters fahren.

Schon wie zu Kaisers Zeiten wird auch heute für leibliches Wohl gesorgt – mit Imbissständen, Zuckerwatte- und Eisständen bis zu Restaurants, Cafés und nicht zuletzt dem legendären Schweizerhaus, mit seinen knusprigen Stelzen und einem Gastgarten, der wie Wien in 23 Bezirke gegliedert ist. Und egal, ob man es rasant, lustig, gruselig oder doch lieber gemütlich haben will, der Wurstelprater ist sicher eine Entdeckungsreise wert.