Niki Popper, Laptop, Hassmails
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Coronavirus

CoV-Experten erhalten Hassnachrichten

Im bereits vierten Lockdown ist die Pandemiemüdigkeit groß. Die Frustration bewegt einzelne Personen dazu, sich auf die Überbringer der schlechten Nachrichten einzuschießen: die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

„Verbrecher, schäbig, präpotent, Gsindl, Faschist.“ Diese und noch wesentlich schlimmere Beleidigungen kommen in Nachrichten an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zum Thema Coronavirus in Medien auftreten, immer wieder vor. Simulationsforscher Niki Popper von der Technischen Universität Wien beispielsweise erlebt die meisten Beschimpfungen unmittelbar nach Fernsehauftritten: „Wenn du in gewisse Fernsehsendungen gehst, weißt du, dass heute noch die Mailbox voll ist.“

„Verantwortung, Menschen zu informieren“

Trotzdem gibt er weiterhin Interviews. „Man muss natürlich nicht ins Fernsehen. Aber wir werden für dieses Projekt mit Steuergeld bezahlt. Deswegen haben wir meiner Meinung nach die Verantwortung, die Menschen zu informieren“, so Popper. Wenn ihn Menschen persönlich auf der Straße ansprechen, war das bis jetzt immer freundlich. Hassnachrichten kamen nur über Soziale Netzwerken oder E-Mails.

Für Anfeindungen sorgen auch Auftritte rund um das Thema Impfung. Herwig Kollaritsch von der MedUni Wien tritt in Medien oft als Impfexperte auf. Er bekommt ebenfalls viele gehässige E-Mails: „Das fängt an mit ‚Ab mit Ihnen nach Guantanamo‘, ‚Sie gehören aufgehängt‘, und geht bis zu ‚Sie sind ein Verbrecher‘ oder ‚Mörder‘. Es ist teilweise schon starker Tobak. Aber was mich am meisten daran stört: Nicht eines dieser Mails war sachlich. Wenn jemand eine sachliche Diskussion führen will und mit etwas nicht einverstanden ist, bin ich gerne bereit, entsprechend zu antworten.“

Wissenschaftler als Sündenböcke

Viele untergriffige Nachrichten und Kommentare werden auch in Sozialen Netzwerken gepostet. Laut Digitalisierungsexpertin Ingrid Brodnig beginnen viele, ihren Hass auf den Überbringer der schlechten Nachrichten zu richten. Sich über einen Wissenschaftler zu ärgern sei leichter als über das Virus. „Je mehr ich in der Öffentlichkeit stehe als forschende Person, je mehr ich auch vielleicht mit den Maßnahmen assoziiert werde, desto mehr wird mir das quasi umgehängt. Als sei ich der Grund für diese schlimmen Maßnahmen, die wir alle mittragen müssen. Und nicht das Virus an sich“, sagt Brodnig.

Trotz der bösartigen Nachrichten glaubt Simulationsforscher Popper, dass die Absender keine schlechten Menschen sind. „Es gibt Menschen, die überfordert sind und dann solche Mails schreiben, um Dampf abzulassen.“ Jemanden wüst in Mails oder Postings zu beschimpfen sei aber trotzdem nicht in Ordnung.