Karlskirche mit Wiesenblumenbeet davor
Josef Bollwein
Josef Bollwein
ORF

Karlskirche

Die Karlskirche im vierten Wiener Gemeindebezirk ist ein architektonisches Wunderwerk und gilt als eine der wichtigsten Kirchen des Barocken Baustils in Mittel- und Nordeuropa. Ihre Kuppel ist weithin sichtbar. Das Innere bietet eine Schatzkammer an wertvollen Details. Eine Besonderheit ist der Panoramalift in der Kirche.

1713 wütete die Pest in Wien. Sie raffte mehr als 8.000 Menschen hinweg. Kaiser Karl der Sechste versprach, eine Kirche zu bauen, wenn die Pest in Wien besiegt ist – gewidmet seinem Namenspatron dem Heiligen Karl Borromäus. Die Aufschrift an der Kirchenfront erinnert daran. „Vota mea reddam in conspectu timentium deum“ ist dort zu lesen – zu Deutsch: „Ich will mein Gelübde erfüllen angesichts derer, die Gott fürchten.“ Im Giebeldreieck des Kirchen-Portals sieht man einen Engel, der strafend ein Schwert über Wien hält. 1714 war die Seuche überwunden, 1716 konnte mit dem Bau der Kirche begonnen werden.

Auf Weinberg erbaut

Als Bauplatz wurde ein Weinberg am Ufer des Wienflusses ausgesucht – auf halbem Weg zwischen Hofburg und der kaiserlichen Sommerresidenz Favorita, dem heutigen Theresianum. Ursprünglich konnte man von dort aus die Hofburg sehen. Die Bauausführung lag beim barocken Stararchitekten Johann Fischer von Erlach. Fertiggestellt wurde die Kirche schließlich von seinem Sohn Joseph Emanuel, der die Pläne seines Vaters in manchen Punkten abänderte. Alle österreichischen Erblande und auch die anderen Herrschaftsgebiete der Habsburger, Sardinien, Mailand, Neapel, oder die Länder der ungarischen Krone mussten Baumaterial und Geld senden. Nach mehr als zwanzig Jahren Bauzeit konnte die Karlskirche am 28. Oktober 1737 schließlich eröffnet werden.

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Blick auf die Kuppel und den Panoramalift von unten
Josef Bollwein
Kuppel und Himmel von außen
Josef Bollwein
Im Inneren der Kirche:
Josef Bollwein
Im Inneren der Kirche: bemalung
Josef Bollwein
Blick von der Plattform innen nach außen
Josef Bollwein
Karlskirche mit Teich davor
Josef Bollwein

Die Karlskirche befindet sich am Karlsplatz im 4. Bezirk. Erreichbar via U1 und U4, via Straßenbahnlinien 62, 71 und Badner Bahn, und via Buslinien 4A und 59A jeweils Station Karlsplatz.

Die Kirche vereinigt eine „Weltgeschichte der Architektur“ in sich – mit Stilelementen verschiedenster Epochen und Kulturen. Der Portikus ist ein griechisch-römischer Tempel. Die Durchfahrten der beiden Glockentürme haben die Form römischer Triumphtore, während die Pagodendächer darauf asiatisch anmuten. Und schließlich die berühmte und weithin sichtbare barocke Kuppel mit einer Höhe von 72 Metern. In den großen Säulen vereinigen sich viele Bedeutungen. In den Reliefs wird die Geschichte des Heiligen Karl Borromäus erzählt.

„Tor zum Himmel“

Wer in die Kirche hineingeht, spürt sofort, dass er eine Art geheimnisvolle Grenze überschreitet. Im Inneren eröffnet sich einer der großartigsten religiösen Räume der Welt, mit Marmor, Gold und farbenfrohen Fresken. Das Gewölbe der Kuppel öffnet sich wie ein Tor zum Himmel, das einen nach oben zieht. Dieses „Hinauf zum Himmel“ ist in der gesamten Kirche spürbar und kommt im Hochaltar besonders zur Geltung – in der Apotheose des heiligen Karl Borromäus, also seiner Vergöttlichung. Aus dem Wolkenkranz bricht das Licht Gottes hervor, so die Deutung.

Die Bilder der sechs Kapellen der Kirche, die in komplexen Beziehungen zueinander stehen, haben einige der berühmtesten Maler ihrer Zeit geschaffen – wie Martino Altomonte oder Giovanni A. Pelligrini. Während draußen an der Kirche Tod, Krankheit und Verzweiflung dargestellt sind, ist in den Kapellen drinnen dreimal Jesus zu sehen, wie er Kranke heilt und Tote zum Leben erweckt. Jesus trägt in allen Darstellungen ein rotes Untergewand und einen blauen Umhang. Die Farben Rot und Blau waren die teuersten Farben der damaligen Zeit.

„9 Plätze – 9 Schätze“: Die Karlskirche

Plattform in 32 Meter Höhe

Das Kuppelfresko stammt von Johann Michael Rottmayr, der 1725 zu Beginn der Arbeit bereits über 70 Jahre alt war. Er arbeitete fünf Jahre daran, bis zu seinem Tod. Das Fresko greift das Thema der Kirche erneut auf. Gott erhört die Bitte des Hl. Borromäus für das Ende der Pest. Der Verein der Freunde und Gönner der Wiener Karlskirche begann im Jahr 2000 mit der Renovierung dieses Kuppelfreskos und des gesamten Innenraums der Kirche. Zu diesem Zweck wurde eine Plattform errichtet, die immer noch zugänglich ist, und zu der ein Panoramalift führt, der nichts für Nicht-Schwindelfreie ist. Wer oben in 32,5 Meter Höhe angelangt ist, wird mit einem einzigartigen Blick auf die Fresken aus nächster Nähe belohnt, und mit einem Blick über die Stadt – bis hin zu einem anderen großen Wiener Wahrzeichen, dem Stephansdom.

Die Karlskirche ist nicht nur als einzelnes Bauwerk eine Besonderheit, sie stellt auch eine Art Gegenpol zu den Gebäuden der Technischen Universität und des Musikvereins in der Nähe dar. Sich dem Himmel nah fühlen, in die unterschiedlichsten Epochen der Geschichte eintauchen, und immer wieder neue Details erkennen, an einem Platz, umhüllt von Gold und Marmor – das ermöglicht die Karlskirche im Herzen Wiens.