„Investment-Punk“ als Retter der Jugend

„Europa zockt euch ab und ihr seid selber schuld, weil ihr feig, faul und falsch gebildet seid“, behauptet Investmentbanker und Bestsellerautor Gerald Hörhan. Was hinter seinen Provokationen steckt, erklärte er am Mittwoch Studierenden der Uni Wien.

Am Abend vor dem Nationalfeiertag wirkte das Betriebswirtschaftliche Zentrum der Uni Wien nahezu ausgestorben. Nur vor dem Hörsaal 2 versammelten sich einige Studierende, um den Vortrag von Gerald Hörhan zu hören. Der Bestsellerautor hatte sich dem Anlass entsprechend gekleidet und trug ein Sakko über dem T-Shirt. Bereits vor dem Vortrag verteilte er Visitenkarten und signierte sein neues Buch „Gegengift – Europa zockt euch ab. Wie ihr euch wehrt“. Der Buchtitel war gleichzeitig das Thema des Vortrags.

„Wer von euch glaubt, dass man sich in 15 Jahren mit einem Hunderter noch ein Besäufnis in Wien leisten kann?“ Mit Fragen wie dieser sicherte sich Hörhan von Anfang an die Sympathie der Studierenden. Dann schilderte er aktuelle Entwicklungen am Arbeitsmarkt und der Politik. Sein Fazit: Europa halse der jungen Generation einen Schuldenberg auf. „Ihr werdet eure besten Jahre damit verbringen, die Kredite von Menschen zu tilgen, die dann gar nicht mehr leben“, so Hörhan. „Wenn ihr nichts dagegen tut, werdet ihr zu Schafen, und Schafe werden geschlachtet“. Sein Gegenrezept vor dem sozialen Abstieg lautet Privatschulden vermeiden, Vermögen ansammeln und wirtschaftliche Macht sichern. Ab diesem Zeitpunkt war Karriereberatung das leitende Thema des Vortrags.

Gerald Hörhan hält einen Vortrag auf der WU (BWZ) Wien

ORF/Florian Kobler

Gerald Hörhan warnt vor der Versklavung

Erfolg durch Verzicht und Disziplin

„Das Schulsystem lernt euch nicht, wie man mit Geld umgeht", erklärte Hörhan, der in Havard studiert hatte und gerade selbst mit seiner Firma, der Wiener Life Settlement Holding AG, Probleme mit der Finanzmarktaufsicht hat. Hörhan dazu:"Es handelt sich um ein rein rechtliches Thema, das wir noch vor Ende des Jahres lösen werden“.

Laut Hörhan, kann man sich im Alter zwischen 20 und 30 Jahren noch aussuchen, ob man künftig zu den Gewinnern oder Verlieren zählen möchte. Ein Gewinner ist für Hörhan jemand, der über ein paar Jahre hinweg 20.000 bis 40.000 Euro anspart. Denn ab dieser Summe könne man investieren und sich durch ein passives Einkommen ein Vermögen aufbauen. Hörhan: „Durch Verzicht und Disziplin kann man es in die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Freiheit schaffen. Der andere Weg ist die Versklavung.“

Hörhans Verlierertyp ist jemand, der sich in seinem Leben von Vorgesetzten „wie ein Schaf“ führen und schlachten lässt, vielen Menschen „in den Arsch kriecht“, bis zur Erschöpfung seine Schulden abarbeitet, möglicherweise an einem Burnout erkrankt und als letzten Ausweg beginnt, sich mit „Yin Yang“ zu beschäftigen.

Schulden führen in die Sklaverei

Das größte Problem der Gesellschaft ist, so Hörhan, der Umgang mit Schulden. „Die meisten Menschen machen sogenannte Konsumschulden. Sie kaufen sich ein I-Phone, einen Fernseher oder ein Haus nach dem ‚Buy now, pay later‘-Prinzip. Diese Produkte bringen kein Geld und verlieren mit der Zeit an Wert. Am Ende sind die Menschen Sklaven ihrer Schulden“, so Hörhan. „Wenn ein Staat Schulden hat, dann kann er seine Bürger ausrauben. Wenn eine Privatperson Schulden hat, kommt irgendwann der Kuckuck.“

Hörhan sei aber nicht grundsätzlich gegen Schulden. „Wenn man sich auskennt und weiß was man tut, kann man Schulden machen, um in ein Geschäft zu investieren“, so Hörhan, der selbst derzeit am liebsten in deutsche Immobilien investiert.

Gerald Hörhan im Hörsaal

ORF/Florian Kobler

Die Fehler der Unternehmer

„Ein Land lebt von den Unternehmern, nicht von Bürokraten.“ Hörhan ist der Meinung, dass Unternehmen immer die gleichen Fehler machen. Sie wissen nicht, wie sie ihr Produkt verkaufen können. Es mangle am Finanzmanagement. Ein nicht zu unterschätzender Faktor sei außerdem das Zwischenmenschliche. Unternehmen können in große Schwierigkeiten geraten, wenn es in der Chefetage oder in deren Privatbeziehungen krache.

„Unterschätzt wird auch die Ehrlichkeit gegenüber dem Kunden. Besitzt man keine Handschlagqualität, wird das erste Geschäft mit einem Kunden das letzte gewesen sein“, erklärt Hörhan den überraschten Studierenden. „Man soll auch niemanden diskriminieren, denn gerade Schulabrecher oder Migranten haben oft versteckte Talente und am meisten Potenzial“. Gerade den letzten Punkt, so Hörhan, sollte sich unser Land zu Herzen nehmen.

Zur Person:

Gerald Hörhan studierte in Harvard angewandte Mathematik und Betriebswirtschaft. Er arbeitete für McKinsey & Co und sammelte bei JP Morgan Wall-Street-Erfahrung. Er ist Eigentümer eines international tätigen Corporate-Finance-Unternehmens und verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung in Investmentbanking, Corporate Finance, Private Equity und Alternative Investments.

Karrieretipps für die Jugend

„Eine Freundin von mir wollte sich für einen Job bewerben. Ich habe ihr geraten, auf den Einheitslebenslauf zu verzichten. Stattdessen solle sie mit ihrem Motorrad und in Motorradkluft zur Firma fahren und sich persönlich um den Job bewerben. Sie hat meinen Rat befolgt und den Job bekommen.“ Der selbst ernannte Bewerbungsexperte und Branchenkenner Hörhan erklärte den Studierenden, dass sie ihre Karriere wie ein Investment planen müssen. „Wenn ihr etwas tut, dann macht es ordentlich.“

Das was heute gut sei, sei im Grunde schon wieder am absteigenden Ast. Wer in ein Unternehmen investieren oder sich um einen Job bewerben will, sollte herausfinden, welche Firma Zukunft hat. „Dazu müsst ihr wissen, wie die Menschen ticken, die die Firma führen. Testet die Firmenprodukte! Lest Fachmagazine, informiert euch im Internet oder geht auf die Wirtschaftskammer und sucht die besten Unternehmen heraus!“ Wer einen sicheren Job haben möchte, solle das Verkaufen lernen. „In Gegensatz zu einem gewöhnlichen Sachbearbeiter, sei ein guter Verkäufer unersetzbar.“

Gerald Hörhan signiert sein Buch Gegengift

ORF/Florian Kobler

Karriereberater mit gutem Marketing

Hörhan selbst ist ein guter Verkäufer. Denn einige Studierende der Uni haben sein Buch gekauft und bereits auf dem Weg nach Hause in der Straßenbahn aufgeschlagen. Hörhan hat ihnen Hoffnung geschenkt, dass sie mit Know-How und Einsatz eines Tages zu den wenigen „Gewinnern“ gehören könnten.

„Es gibt Leute, die sagen, ich bin ein Kotzbrocken“, sagte Hörhan während seines Vortrags. Durch sein mediales Auftreten - auf Plakaten und Fotos zeigt er gerne den Mittelfinger - könnte man sich diesem Vorurteil anschließen. Wie sich beim Vortrag herausgestellt hat, steckt hinter dem sogenannten „Rebellen“ Hörhan ein Karriereberater für Unternehmer, der Hausverstandregeln und -weisheiten predigt, und weiß, wie man sich verkauft. Sein Vorteil: Einem erfolgreichem Investment-Punk mit spannenden Anekdoten hört man lieber zu, als Eltern oder gewöhnlichen Anzugmenschen.

Florian Kobler, wien.ORF.at

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