Vorurteilen wird der Kampf angesagt

Vorurteile sind nicht nur am Stammtisch, sondern auch in der österreichischen Politik zu finden. Mit dem neuen „Handbuch gegen Vorurteile - Von Auschwitzlüge bis Zuwanderungstsunami“ kämpfen Sebastian Wiese und Nina Horaczek gegen Unwahrheiten.

Vorurteile sind ein fester Bestandteil der öffentlichen Meinung. Nina Horaczek und Sebastian Wiese haben eine Auswahl an Vorurteilen auf ihren Realitätsgehalt überprüft und daraufhin ein „Handbuch gegen Vorurteile“ geschrieben. Dort wo viele Vorurteile wachsen und gedeihen, am Stammtisch eines Altwiener Wirtshauses, fand am Montag die Präsentation des im Czernin Verlag erschienenen Handbuches statt.

Buchpräsentation "Handbuch gegen Vorurteile"

APA/Herbert Neubauer

Autorin Nina Horaczek zeigt bei der Buchpräsentation Unwahrheiten auf

Bei der anschließenden Debatte diskutierten die beiden Autoren mit Flüchtlingshelferin Ute Bock, Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) und Journalistin Clara Akinyosoye darüber, wie man Vorurteile gegenüber Migranten abbauen können. Damit verbunden wurden die ebenfalls nicht vorurteilsfreien Themen „Arbeitsplätze“ und „Integration“ behandelt.

Inspiration durch Leserbriefe

„Wir haben bemerkt, dass es Themen gibt, zu denen jeder eine Meinung hat. Wenn man diese jedoch hinterfragt, steht man schnell an und weiß nicht mehr, auf welchen Fakten diese eigentlich basiert. Durch das Buch wollten wir auch herausfinden, ob unsere eigenen Vorurteile richtig oder falsch sind“, so Sebastian Wiese gegenüber wien.ORF.at. „Wir hatten beide genug von Debatten, die ohne faktische Grundlagen geführt werden. Ziel war es, die Hoheit über die Stammtische zu gewinnen“, ergänzt Autorin Nina Horaczek.

Buchhinweis

Nina Horaczek, Sebastian Wiese: Handbuch gegen Vorurteile. Von Auschwitzlüge bis Zuwanderungstsunami, Czernin Verlag, 304 Seiten, 24,90 Euro

Den beiden Autoren fiel es schwer, eine Auswahl aus der Fülle an österreichischen Vorurteilen zu treffen. Zuwanderung, die Europäische Union, der Islam und die Wirtschaftskrise haben in den vergangenen Jahren viel Nährboden für Vorurteile geboten. Horaczek: „Wir haben schlussendlich jene Vorurteile behandelt, die wir selbst schon einmal gehört oder in Internetforen und auf Leserbriefseiten gelesen haben.“

Verzerrung von Statistiken

Mehr als 50 gängige Vorurteile und Geschichtsverharmlosungen überprüften die Autoren auf ihren Wahrheitsgehalt. Dabei zeigte sich, dass es sich bei haltlosen Vorurteilen vorwiegend um rechtspopulistisches Repertoire handelt. „Dass Ausländer krimineller seien als Österreicher ist beispielsweise eine Unwahrheit“, so Wiese. „Hier werden Statistiken falsch interpretiert und mit Verzerrungsfaktoren zu Lasten von Ausländern ausgebaut.“ Die Autoren zeigen in ihrem Buch, wie Statistiken aufgebaut werden und wie sich diese auslegen lassen. „Wenn man möchte, kann man mit den gleichen Zahlen auch beweisen, dass es mehr österreichische Straftäter gibt.“

Buchpräsentation "Handbuch gegen Vorurteile"

APA/Herbert Neubauer

Ute Bock und Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz

Wissen statt Meinungen

Wie Vorurteile entstehen zeigt sich auch bei folgendem Beispiel: Das Vorurteil, dass Migranten mehr Kinder als Einheimische bekommen, stellte sich auf den ersten Blick als richtig dar. „Das galt aber nur für die erste Generation von Migranten, bereits bei der zweiten Generation hat sich das wieder aufgehoben. Man müsste die Entwicklung also viel länger beobachte, um eine Behauptung aufstellen zu können“, so Wiese.

Welches Ziel das Buch hätte, beantwortete Horaczek wie folgt: „Natürlich wünschen wir uns beide einen anderen Umgang im Land, einen faktenbasierenden Diskurs und ein vorurteilfreies Miteinander, sonst hätten wir das Buch nicht geschrieben. Aber ich befürchte, dass Leute, die eine festgefahrene Meinung haben, sich nicht beirren lassen wollen und dieses Buch nicht lesen werden.“

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