Tiefe Trauer um Ludwig Hirsch

Erschüttert zeigt sich die heimische Kulturszene über den Tod des Liedermachers Ludwig Hirsch. Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) würdigte Hirsch in einer Aussendung als „Teil der österreichischen Seele“.

„Er begeisterte durch sein Anderssein in einem Umfeld, das hauptsächlich Glück und Erfolg in den Mittelpunkt stellte. Er entlarvte diese Welt als Scheinwelt und trotzte allen Anpassungsbestrebungen. Sein Erfolg war die Darstellung der Kehrseite der Leichtigkeit des Seins, seine Popularität war in der Authentizität dieser Kunst begründet“, so Schmied in einer Aussendung.

Schmied: „Stimme der Gegenkultur“ weg

Hirsch habe „mit seinen Liedern den Zustand unserer Gesellschaft mit poetischen Texten beschrieben, dunkelgrau mit sehr erhellenden Momenten. Sein tragischer Tod beraubt Österreich einer wichtigen Stimme der Gegenkultur. Wir werden ihn als Schauspieler, Liedermacher, Erzähler und als Mensch, dem man gerne zuhörte, vermissen“, so Schmied weiter.

„Wien heute“-Nachruf auf Ludwig Hirsch

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„Hörte, was andere nicht hören wollten“

Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) würdigte Hirsch als „erfolgreichen und feinsinnigen Anwalt seiner Geschichten“. „Er hörte, was andere nicht hören oder nicht hören wollen; sah, was andere nicht sehen oder nicht sehen wollen.“

Hirsch

APA/Pfarrhofer

Hirsch bei einem Auftritt im Jahr 1999

Mit seinem ersten Album „Dunkelgraue Lieder“ habe „ein Humor in Österreich Einzug gehalten, dessen Gänsehaut man sich als Zuhörer nicht entziehen konnte“. Mit seinen tabufreien Geschichten stehe er „in der Tradition großer Namen wie Randy Newman und Georg Kreisler, die schwarz bis bitter, bissig und zynisch, kritisch oder aggressiv ihr Umfeld pflügen“.

Nachruf zum Anhören

Ein Nachruf des Radio-Wien-Musikexperten Tommy Vitera

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Für Grüne ist „Legende“ gestorben

„Mit Ludwig Hirsch geht eine weitere Legende der kritischen, hintergründigen Kunst von uns“, äußerte sich Klaus Werner-Lobo, Kultursprecher der Wiener Grünen in einer Aussendung. „Das sind dunkelgraue Tage für Wien. Ich verneige mich tief vor diesem Jahrhundertkünstler, der in seinen Texten und seiner gesamten Ausdruckskraft kein Tabu scheute und damit umso unmittelbarer und mit unnachahmlicher Poesie die großen Themen des Lebens berührte.“

Hirsch sei „der legitime künstlerische Nachfolger eines Johann Nestroy“ gewesen. „Er hat schon in seinen Liedern nie die Auseinandersetzung mit dem Tod gescheut und sich ihm nun gestellt. Unsere Anteilnahme gilt allen, die ihm nahestehen durften.“

Manager tief betroffen

Tief betroffen vom Ableben des Musikers zeigte sich dessen langjähriger Manager Karl Scheibmaier. „Es ist jemand von uns gegangen, der für mich einer der größten Künstler der vergangenen 70 Jahre war. Ludwig Hirsch hat Sachen niedergeschrieben, die niemand sonst gemacht hat.“ Scheibmaier strich auch Hirschs Poesie und seinen Mut hervor, „Sachen von der Bühne runter zu sagen“, was sonst kaum jemand gewagt habe.

Radio-Hinweis

In Memoriam Ludwig Hirsch gibt es am Sonntag, den 27. November, von 20.00 bis 21.00 Uhr eine Spezialsendung auf Radio Wien.

„Ludwig Hirsch hat an den Wänden gekratzt, um dahinter zu schauen, was los ist“, so der Manager, der aber auch Hirsch als private Persönlichkeit sehr zu schätzen wusste. „Er ist in meinem Leben jemand gewesen, der von einer ungeheuren Zärtlichkeit war - auch anderen gegenüber. Auf den Tourneen hatte man das Gefühl einer großen Familie.“

Für Fendrich ein „Seelenfreund“

Auch die Musikerkollege von Hirsch waren schockiert. Rainhard Fendrich sagte, er habe Hirsch „als exzellenten Schauspieler und als introvertierten, sehr feinsinnigen Künstler“ kennengelernt, „der mit seiner Stimme Menschen verzaubern konnte“. „Er war ein Seelenfreund, den ich sehr geschätzt habe“, so Fendrich. Auch für Marianne Mendt „ist wieder ein ganz Großer gegangen“. Sie sei schockiert und traurig.

Betroffen zeigte sich auch der Seifert Verlag, der im vergangenen Jahr Hirsch Textsammlung „Ich weiß es nicht, wohin die Engel fliegen“ veröffentlichte, in einer Aussendung. Man habe ihn als einen „gewissenhaft und unbeirrbar seinem Künstlertum“ verpflichteten Menschen kennengelernt, der bescheiden und zurückhaltend „stets seinen hohen Prinzipien gehorchte“.

Der Direktor des Wiener Volkstheaters, Michael Schottenberg, bezeichnete Hirsch als einen „ganz Zärtlichen, ein ganz Leiser, der mir das Wiener Lied näher gebracht hat“. „Mit ihm hat uns einer der sensibelsten Künstler Österreichs verlassen. In seinen Liedern lebt er aber für uns alle weiter“, so Schottenberg in einer Aussendung.

Selbstmord im Spital

Hirsch wurde Donnerstagfrüh unter einem Fenster im Wilhelminenspital tot aufgefunden. Die Polizei geht von Selbstmord aus - mehr dazu in wien.ORF.at.