AKH-Ärzte und Promis protestierten

Hunderte Ärztinnen und Ärzte des AKH haben erstmals öffentlich gegen die geplanten Einsparungen protestiert. Viele Patienten, darunter Prominente wie Günther Frank, Otto Schenk und Freda Meissner-Blau, zeigten ihre Solidarität.

„Wir wollen doch nicht, dass es für das AKH ‚Last Christmas‘ heißt“, malte etwa Moderator Günther Frank ein düsteres Bild der AKH-Zukunft - mit Verweis auf den derzeit wohl berühmtesten „Bewohner“ des Spitals, den ehemaligen Wham!-Sänger George Michael. Otto Schenk erntete für Vergleiche aus seinem Berufsleben frenetischen Applaus der Ärzte: „Ich kenne das aus der Josefstadt“, verwies er auf seine Theatererfahrung: „Die Stadt sagt, sie zahlt nur, wenn der Bund zahlt. Der Bund sagt, er zahlt, wenn die Gemeinde zahlt. Und dann zahlen beide nix.“

Er verdanke dem AKH sein Leben, betonte der prominente Schauspieler und Regisseur. Die Zeit als Patient hat er trotz schwerer Krankheit offenbar auch in guter Erinnerung: „Ich habe eine derartige Freundlichkeit und Aufopferung in keiner Institution je erlebt.“

Otto Schenk und Freda Meissner-Blau bei der Protestversammlung

APA/Roland Schlager

Otto Schenk und Freda Meissner-Blau

„Politiker zu Hirntransplantation bringen“

Um bei den Verantwortlichen ein Umdenken zu bewirken, dafür hatte Schenk ein mögliches Rezept parat: „Ich bin dafür, dass man Politiker zu einer Hirntransplantation in dieses Krankenhaus bringt.“ Leistungen zu reduzieren wäre so, als ob man den Wiener Philharmonikern sagen würde, die zweite Geige wegzulassen. Und er scherzte: „Ich kann nicht versprechen, dass ich zur verbleibenden Dienstzeit der Unfallabteilung rechtzeitig am Glatteis ausrutsche.“

Auch Meissner-Blau betonte, dass ihr im AKH - in dem sie sich einer Herztransplantation unterzogen habe - das Leben gerettet worden sei. Sie berichtete, dass sie bereits zuletzt Veränderungen bzw. Verschlechterungen bei der Betreuung feststellen musste. Ärzte und Pfleger stünden offenbar unter enormem Druck, so die Ex-Politikerin, die für diese Wortmeldung ebenfalls großen Applaus erntete.

Der Gastronom Attila Dogudan versicherte, dass, falls er Politiker wäre, er noch heute aufstehen und die neun Millionen Euro überweisen würde, ohne auf einen runden Tisch zu warten. Ärztekammer-Präsident Walter Dorner berichtete in der Versammlung von seinen Bemühungen, bereits in den nächsten Tagen Vertreter der Uni, der Stadt und des Bundes an einen Tisch zu bringen. Wolfgang Schütz, Rektor der MedUni, bekräftigte seine Forderung an die Politik, „diese Leistungsinstitution weiter zu finanzieren“.

Video von der AKH-Betriebsversammlung

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

AKH wie „halb besetzter Autobus“

Zum Auftakt der Versammlung im AKH-Foyer hatte der Vorsitzende des Betriebsrats des ärztlichen Personals, Ärztekammer-Vizepräsident Thomas Szekeres, noch einmal die drohenden Einschnitte skizziert. Er verwies etwa auf die geplanten Einsparungen bei den Journaldiensten und warnte vor verlängerten Wartezeiten bei Operationen. Werde das AKH „heruntergefahren“, sei das weder wirtschaftlich noch medizinisch sinnvoll, versicherte er.

„Das Ganze ist vergleichbar mit einem Autobus, der nur halb besetzt ist“, so Szekeres. Die Betriebskosten blieben gleich, lediglich die Einnahmen würden geringer ausfallen. Der Ärztevertreter kündigte weitere Aktivitäten an: „Wir kämpfen weiter, bis die Politik das Haus finanziert.“

Den Ärzten gehe es darum, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen der Sparmaßnahmen genau zu informieren, hatte Szekeres im Vorfeld gesagt. Beschlüsse wie etwa für einen Streik standen nicht auf der Tagesordnung. Notfall- und Unfallpatienten wurden während der Veranstaltung wie gewohnt versorgt. Die Leitung des AKH hatte das Sicherheitspersonal entsprechend aufgestockt. Planbare Operationen wurden verschoben, in den Ambulanzen musste man mit längeren Wartezeiten rechnen.

Ärzte bei öffentlicher Betriebsversammlung im AKH

APA/Roland Schlager

Ärzte des AKH bei öffentlicher Betriebsversammlung

Wehsely: Töchterle soll Verunsicherung beenden

Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) forderte Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle auf, „die Verunsicherung zu beenden. Er und die Medizinische Universität Wien müssen den bis 2015 geltenden Vertrag auf Punkt und Beistrich einhalten.“ Erst danach könne über Strukturänderungen diskutiert werden.

Wehsely meinte in einer Aussendung, dass Töchterle vertraglich verpflichtet sei, die MedUni Wien mit entsprechenden finanziellen Mitteln auszustatten. Im Vergleich zu anderen Wiener Spitälern gebe es in Wien keine größere Leistungssteigerung im AKH.

Töchterle will bessere Koordinierung der Finanzierung

Töchterle sagte nach dem Ministerrat, dass man die bis 2015 laufende Vereinbarung natürlich anerkenne. Wenn sich daraus aber Probleme ergäben, werde man noch einmal reden müssen. Konkret mehr Geld von der Bundeshauptstadt forderte der Wissenschaftsminister allerdings auf Nachfrage nicht. Töchterle will nun eine bessere Koordinierung der Finanzierung des AKH.

Der Minister verwies darauf, dass das Wiener AKH die einzige Universitätsklinik in Österreich sei, bei der das gesamte ärztliche Personal vom Bund bezahlt werde, wo also das Land keinen Beitrag leisten müsse. Aus seiner Sicht ist hier in Graz und Innsbruck eine bessere Lösung gefunden worden, wo sich die Steiermark und Tirol an diesen Kosten beteiligen.

Als vernünftig bezeichnete Töchterle den Vorschlag des ärztlichen Leiters des AKH, Reinhard Krepler, eine Betriebsgesellschaft für das Allgemeine Krankenhaus zu bilden. Damit kämen alle Betroffenen an einen Tisch, und das ständige Gezerre hätte ein Ende.

Ärztekammer solidarisch mit AKH-Ärzten

Die Ärztekammer erklärte sich mit den Anliegen der Mediziner im AKH solidarisch. Nicht nur der gute Ruf des AKH, sondern auch die „gewohnt gute Versorgung der Menschen“ stehe auf dem Spiel, hieß es von Dorner. Eine Ausdehnung der Arbeitszeiten lehnte er ab. Vor allem fürchtete Dorner um die zukünftige Patientenversorgung. „Wer bestimmt denn dann, wer behandelt wird und wer nicht?“, so Dorner. Die angeordneten Einsparungen könnten auch nicht durch andere Krankenhäuser wettgemacht werden: „Die Leidtragenden sind die Patienten.“

Gespräche noch im Jänner

Ursprünglich hätten die Sparmaßnahmen schon mit Jänner umgesetzt werden sollen. Doch man will für Jänner angesetzte Gespräche zwischen den Verantwortlichen noch abwarten.

TV-Hinweis

„Wien heute“ war bei der öffentlichen Betriebsversammlung dabei. Den Beitrag sehen Sie in „Wien heute“ um 19.00 Uhr in ORF2.

Schütz betonte, dass man im ständigen Kontakt mit dem Betriebsrat stehe: „Wir machen nichts, ohne den Betriebsrat vorher zu informieren, und nehmen alle Vorschläge des Betriebsrats letztlich sehr ernst und an, die darauf hinauslaufen, dass man es so verträglich wie möglich für die Mitarbeiter gestaltet. Aber das Budget muss eingehalten werden, um das kommen wir nicht herum.“ Erst am Montag hatte Schütz angekündigt, dass die Sparmaßnahmen für das AKH mit 1. Februar 2012 in Kraft treten - mehr dazu in wien.ORF.at..

Links: