Missbrauch: Ergebnisse bis Ende 2012

Die Kommission Schloss Wilhelminenberg hat sich konstituiert. Richterin Barbara Helige leitet das Gremium mit vier Mitgliedern. Die Untersuchungen zu den Missbrauchsvorwürfen in dem Kinderheim werden frühestens Ende 2012 abgeschlossen.

Untersucht werden unter anderem Vorwürfe, die ehemalige Bewohnerinnen des Heims öffentlich erhoben hatten. Laut den Frauen ist es im 1977 aufgelassenen Heim unter anderem zu Fällen von Kinderprostitution und Serienvergewaltigungen gekommen.

Neben Barbara Helige werden sich nun die ehemaligen Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes, Helge Schmucker, die Psychiaterin Gabriele Wörgötter und der Linzer Sozialhistoriker Michael John mit der Geschichte der umstrittenen Einrichtung befassen.

Präsentation der Kommission Wilhelminenberg

APA/Roland Schlager

Kommission zu Missbrauchsvorwürfen im Kinderheim Wilhelminenberg

Gespräche mit Zeitzeugen

Das Ziel der Prüf-Kommission ist laut Leiterin Barbara Helige die Aufklärung der Geschehnisse im einstigen städtischen Kinderheim - wobei die Jahre 1948 bis 1977 untersucht werden. „Die bestürzenden Vorwürfe schreien nach Aufklärung“, betonte Helige. Jedoch: Es soll, wie sie hinzufügte, nicht nur um jene Missbrauchsfälle gehen, von denen zwei Frauen vor einigen Wochen in Interviews berichtet hatten. Auch „nicht ganz so furchtbare“ Fälle von Gewalt sollen geprüft werden.

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Eine Beurteilung, ob tatsächlich erzwungene Prostitution, Massenvergewaltigungen oder gar das Verschwinden eines Kindes vorgekommen sind, wagte die Kommission zum Auftakt noch nicht. Dass es andere Formen „schwerer Übergriffe“ gegeben habe, davon sei jedoch auszugehen, hieß es. Helige verwies etwa auf die bereits in den 1970er Jahren erschienene Untersuchung der späteren SPÖ-Nationalratsabgeordneten Irmtraut Karlsson. Der Bericht wird von der Kommission für ihre Arbeit herangezogen werden.

Barbara Helige

APA/Roland Schlager

Interviews mit Zeitzeugen vorgesehen

Es solle unter „Einbeziehung aller möglichen wissenschaftlichen Mittel“ untersucht werden, was den Kindern tatsächlich widerfahren sei. Vorgesehen sind umfangreiche Recherchen, also etwa die Sichtung von Unterlagen bzw. Zeitdokumenten. Auch Interviews mit Zeitzeugen sollen geführt werden. Nicht nur frühere Erzieher, sondern auch sonstige Bedienstete wie etwa Gärtner werden ersucht, über ihre Erfahrungen am Wilhelminenberg zu berichten. Anhand dieser Fakten soll das im Heim herrschende Gewaltsystem rekonstruiert werden.

Kontaktmöglichkeiten zur Kommission Wilhelminenberg:

Homepage:
www.kommission-wilhelminenberg.at

Telefon:
01/4082204/44

E-Mail:
kontakt@kommission-wilhelminenberg.at

Der genaue Zeitplan sei schwer einzuschätzen, betonte die frühere Präsidentin der Richtervereinigung und derzeitige Präsidentin der Österreichischen Liga für Menschenrechte. Im günstigsten Fall ist laut Helige mit einem Abschluss Ende nächsten Jahres zu rechnen. Zuvor soll es Zwischenberichte geben.

Man strebe eine Aufklärung „ohne irgendwelche Rücksichtnahmen“ an, versicherte die Kommissions-Chefin. Zu klären sei etwa die Frage, wer gewusst habe, was in diesem Heim vorging. Auch wer etwas tun hätte können bzw. wer etwas tun hätte müssen, sei zu hinterfragen. Untersucht werden soll dabei eine mögliche individuelle sowie institutionelle Verantwortung im Heim selbst, in der Verwaltung, aber auch in der Politik.

Schloss Wilhelminenberg

APA/APA/HERBERT PFARRHOFER

Weißer Ring bleibt Anlaufstelle

Offen ist noch, zu wie vielen unmittelbar Betroffenen es Kontakt geben wird. „Es sind uns die Opfer bisher noch nicht bekannt“, erklärte Helige. Die Berichte der früheren Heiminsassen liegen, abgesehen von den in den Medien verbreiteten Schilderungen, derzeit lediglich der Opferschutzorganisation Weißer Ring vor. Dass diese einfach an die Kommission weitergereicht werden, ist laut Helige nicht geplant. Jedoch werde man den Weißen Ring ersuchen, die Betroffenen zu fragen, ob sie dies möchten bzw. ob sie vor der Kommission aussagen wollen.

TV-Hinweis:

Seitdem die Vorwürfe der beiden Schwestern bekannt sind, meldeten sich rund 450 Betroffene von Gewalt und Missbrauch. Insgesamt meldeten sich bisher beim Weissen Ring 790 Opfer von Gewalt und Missbrauch in städtischen Heimen. Zwei Drittel der Opfer nannten dabei auch das Schloss Wilhelminenberg. Von Kinderprostitution ist laut Weissem Ring aber nicht mehr die Rede gewesen.

Mehr Geld für Entschädigungen

Die hohe Zahl an Opfern lässt auch die Zahl der möglichen Entschädigungen hochschnellen. Daher wird heute die Aufstockung der Mittel um weitere drei Millionen Euro auf 8,8 Millionen im Gemeinderatsauschuss beschlossen - mehr dazu in wien.ORF.at.

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