Neues aus dem Prawy-Nachlass

Am 29. Dezember wäre Marcel Prawy 100 Jahre alt geworden. An den Opernführer der Nation erinnern nicht nur die Wiener Opernhäuser und das Marionettentheater Schönbrunn. Die Wienbibliothek zeigt „Neues aus dem Nachlass“.

„Prawy war nicht nur ein Archivar seiner selbst, sondern auch anderer Menschen“, so Marcel Atze, Leiter der Handschriftensammlung in der Wienbibliothek. So finden sich auch Ausstellungsstücke aus dem Nachlass von Prawys Vater wie etwa ein Brief an den Sohn, geschrieben auf dem Weg ins Exil, in der Ausstellung.

Als eines der „stärksten Dokumente“ erwähnte Atze einen Reisepass Marcel Prawys, der von der Deutschen Botschaft in Rom im Oktober 1938 ausgestellt wurde. Auf ihm prangt ein von Hand aufgemaltes rotes „J“ für Jude. Daneben ist die original erkennungsdienstliche Erfassung des US-Bureau of Identification zu sehen. Damals seien die Fingerabdrücke der Emigranten erfasst und „durch die Verbrecherkartei gejagt“ worden, so Atze.

Reisepass von Marcel Prawy

APA/Wienbibliothek

Prawy als Emigrant und als GI

Auch die Zeit, in der Prawy als persönlicher Sekretär des Sängers Jan Kiepura tätig war, ist dokumentiert. In den USA nannte sich der in Wien geborene Prawy Marcell Horace Frydmann Prawy. Ein Zugangsberechtigungsschein zeugt davon, dass er im berühmten „Camp Ritchie“ in Maryland ein und aus ging.

Ausstellungshinweis

„Marcell Horace Frydmann Prawy. Neues aus dem Nachlass“, von 2. Dezember 2011 bis 29. Februar 2012, Wienbibliothek im Rathaus, Montag bis Donnerstag, 9.00 bis 18.30 Uhr, Freitag 9.00 bis 16.30 Uhr.

Deutschsprachige Emigranten wurden darin für die psychologische Kriegsführung in der Armee ausgebildet. In dem Lager habe Prawy Georg Kreisler kennengelernt, so Atze. 1946 kam Prawy als amerikanischer Kulturoffizier nach Wien zurück. Fotos zeigen ihn in GI-Uniform, anderen belegen die Bekanntschaft mit Orson Welles. „Offenbar war Prawy auch bei der Entstehung des ‚Dritten Manns‘ irgendwie beteiligt“, erklärt Atze. In der Ausstellung vorab zu hören ist auch eine Ö1-Sendung. Sie wird am 26. Dezember um 10.05 Uhr in Ö1 ausgestrahlt.

Altes Foto von Marcel Prawy

APA/Wienbibliothek

Drei Bühnen feiern Marcel Prawy

Prawys 100. Geburtstag wird in Wien nicht nur mit der Ausstellung in der Wienbibliothek gefeiert. Am 29. Dezember wird in der Volksoper, an der Prawy von 1955 bis 1972 Chefdramaturg war, einen „Salut für Marcel Prawy“ feiern. Gewürdigt werden Prawys Verdienste um das amerikanische Musical auf heimischen Bühnen. Die Staatsoper lädt schon früher, am 8. Dezember, um 11.00 Uhr zu einer Prawy-Matinee.

Auf einer anderen Bühne feiert der „Opernführer der Nation“ sogar eine Art Wiederauferstehung: Im Marionettentheater Schloss Schönbrunn wird Prawy laut Ankündigung als Marionette in Form von Geschichten und Anekdoten ein „buntes Bild“ von Wolfgang Amadeus Mozart zeichnen.

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