Anklage gegen Küssel ist fertig

Wiederbetätigung und Verhetzung wirft die Staatsanwaltschaft Wien dem Rechtsextremisten Gottfried Küssel und zwei weiteren Verdächtigen vor. Aufgrund der mittlerweile eingestellten, rechtsradikalen Webseite Alpen-donau.info wurde Anklage eingebracht.

Die Staatsanwaltschaft geht davon auf, dass Küssel und zwei weitere Verdächtige die Hintermänner der Neonazi-Homepage Alpen-donau.info waren, wie es exklusiv gegenüber dem ORF-Radio „Ö1“ hieß. Über zwei Jahre lang sorgte die Seite mit rassistischen und hetzerischen Kommentaren gegenüber Andersdenkenden für Aufregung. Auch Nationalratspräsidentin Barabara Prammer (SPÖ) wurde bedroht.

Bis zu zehn Jahre Haft möglich

Nach monatelangen Ermittlungen hatte die Polizei in Wien und in der Steiermark insgesamt sechs Hausdurchsuchungen durchgeführt und zuerst zwei Verdächtige festgenommen. Dabei wurden unter anderem auch Unterlagen, Computer, Datenträger, Waffen und NS-Devotionalien beschlagnahmt. Zwei Wochen später klickten bei einem weiteren Verdächtigen die Handschellen.

Küssel

APA/Fohringer

Küssel befindet sich derzeit in U-Haft

Seit mittlerweile acht Monaten befinden sich die Verdächtigen in U-Haft und werden dort vorerst laut Staatsanwaltschaft auch bleiben. Bei einer Verurteilung drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft. Ein Verhandlungstermin steht laut Staatsanwaltschaft Wien noch nicht fest, da noch Einspruch gegen die Anklage erhoben werden könne und diese daher noch nicht rechtskräftig sei.

Schlüsselfigur der Neonazi-Szene

Der 52-jährige Gottfried Küssel gilt als Schlüsselfigur der österreichischen Neonazi-Szene. Seit Anfang der 1980er Jahre sind einschlägige Aktivitäten des Wieners dokumentiert. Zahlreiche einschlägige Mitgliedschaften. Küssel betätigte sich laut Angaben des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) bereits zu Beginn der 80er Jahre in der behördlich aufgelösten „Kameradschaft Babenberg“, der „Volksbewegung“, der Nationalen Front (NF) und der „Volkssozialistischen Partei“ (VSP).

Zudem gibt Küssel laut DÖW an, seit 1977 Mitglied der in den USA tätigen NSDAP/AO zu sein. Demnach war er auch Herausgeber der rechtsextremen Zeitschrift „Halt“. Bereits zu dieser Zeit stand Küssel vor Gericht, was ihn vor weiteren Aktivitäten nicht abhielt.

1986 gründete Küssel die „Volkstreue Außerparlamentarische Opposition“ (VAPO). In einem Flugzettel bezeichnete er das Tagebuch der Anne Frank als „Fälschung“. Ein Jahr später nahm er an einem Treffen von Neonazis in Höchst bei Frankfurt teil und wurde vom deutschen Neonaziführer Michael Kühnen zum „Bereichsleiter Ostmark“ ernannt. Für Aufsehen sorgten auch immer wieder stattfindende „Wehrsportübungen“ im Raum Langenlois in Niederösterreich.

Aktivitäten auch in Deutschland

Auch in Deutschland wollte Küssel zur Galionsfigur der dortigen Neonazis werden. Nach dem Aids-Tod Kühnens 1991 strebte er die Leitung des Netzwerkes an, stieß aber auf heftigen Widerstand von dortigen Neonazi-Größen.

Im selben Jahr verhängte das deutsche Innenministerium ein Einreiseverbot, was Küssel aber von weiteren Aktivitäten in Deutschland nicht abhielt. Laut DÖW nahm er weiterhin an mehreren Revisionistentreffen teil, unter anderem mit dem Holocaust-Leugner David Irving.

Prozess wegen NS-Wiederbetätigung

1993 kam es zu einem Aufsehen erregenden Prozess gegen Küssel. Am Landesgericht für Strafsachen Wien wurde er in erster Instanz zu zehn Jahren Haft wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt. Ein Jahr später hob der Oberste Gerichtshof das Urteil wegen „mangelnder Rechtsbelehrung der Geschworenen“ teilweise auf und ordnete eine neuerliche Durchführung an. In der Wiederholungsverhandlung bekam er elf Jahre Haft, kam aber 1999 „wegen guter Führung“ auf Bewährung vorzeitig frei.

Küssel-Zitat auf Video:

„Wir werden diesen Staat zertrümmern.“

Küssel bekannte sich in Medien und vor Gericht immer wieder freimütig zum Nationalsozialismus. So bezeichnete er laut DÖW Anfang der 1990er Jahre in einem Interview mit „ABC News Nightline“ Adolf Hitler als den größten Mann der deutschen Geschichte und leugnete den Holocaust sowie die Existenz von Gaskammern. Im Sender Tele 5 erklärte er damals, er wolle die Zulassung der NSDAP als Wahlpartei erreichen, was 1992 ein Grund für seine Verhaftung war. In einem Videoband, das bei einem Prozess vorgeführt wurde, sprach er offen über seine Ziele: „Wir werden diesen Staat zertrümmern.“