Beer-Uraufführung nach 74 Jahren

Zu einer Uraufführung mit Verspätung lädt heuer der Wiener Operettensommer im Schlosspark Theresianum. Aufgeführt wird erstmals nach 74 Jahren „Die Polnische Hochzeit“ von Joseph Beer.

1938 hatten die Nationalsozialisten die Österreich-Premiere der „Polnischen Hochzeit“ mit Richard Tauber am Theater an der Wien verhindert. Der jüdische Komponist Joseph Beer belegte sein Werk daraufhin mit einem Aufführungsverbot, das erst jetzt von seinen Töchtern aufgehoben wurde. Der Wiener Operettensommer kann so die österreichische Uraufführung nach 74 Jahren nachholen.

Großer Erfolg in Wien

Beer wurde 1908 als Untertan der Donaumonarchie in der Nähe von Lemberg geboren, der Hauptstadt des habsburgischen Kronlandes Galizien und Lodomerien, dem heutige Lviv in der Ukraine.

Joseph Beer

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Joseph Beer

Der Bankierssohn begann im Alter von 13 Jahren zu komponieren, kam an die Musikakademie in Wien, wo er seine Studien unter seinem Lehrer Joseph Marx 1930 mit Auszeichnung abschloss. Mit seinem ersten Bühnenwerk, „Der Prinz von Shiraz“, feierte er große Erfolge. Beer war damals 25 Jahre alt. Die Operette „Die Polnische Hochzeit“ komponierte Beer innerhalb weniger Wochen. 1937 in Zürich uraufgeführt, wurde sie in acht Sprachen übersetzt und auf rund 40 Bühnen gespielt. 1938 kam das mit dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland das Aus für den jüdischen Komponisten. Mit nur zwei Koffern gelang ihm die Flucht aus Wien.

Zurückgezogenes Leben in Frankreich

Zunächst lebte er in Paris, ab 1940 in Nizza bei seinem Bruder. Das Wenige, das er verdiente, versuchte er, seiner Familie in Lemberg zukommen zu lassen. Seine Eltern und seine Schwester starben in Auschwitz, Beer verlor jegliche Motivation. Er verlor jegliches Interesse an beruflichem Erfolg, verweigerte auch nach dem Krieg jede Unterstützung, seine Werke auf die Bühne zu bringen.

Beer lebte zurückgezogen mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern, komponierte täglich, widmete sich seinen Studien, erreichte an der Sorbonne den Doktortitel. Am 23. November 1987 starb er in Nizza. 2006 gründete seine Familie die Joseph Beer Foundation, mit dem Ziel, seine Werke wieder bekanntzumachen. 2010 fand in Frankreich ein ausverkauftes Konzert statt, auch das ukrainische Lugansk Philharmonic Orchestra plant ein Galakonzert. Im Sommer 2012 ist die Rückkehr der „Polnischen Hochzeit“ auf die Bühne in Wien fixiert.

Liebesgeschichte zwischen Graf Boleslav und Jadja

„Die polnische Hochzeit“ spielt während des polnischen Aufstands gegen die russische Besatzung im 19. Jahrhundert. Der junge Freiheitskämpfer Graf Boleslav will seine Jugendliebe Jadja heiraten. Doch sein Onkel, Graf Staschek Zagorsky, plant seinerseits die Hochzeit mit Jadja. Mit Hilfe der Gutsverwalterin Stascheks, Suza, wird ein Plan ausgeheckt, um Boleslav und Jadja die Flucht zu ermöglichen. Diese misslingt, Staschek heiratet Jadja - oder glaubt dies zumindest.

Am Ende des Stücks steht jedenfalls eine große polnische Doppelhochzeit mit lebhaften Tänzen und überschäumender Freude.

Erstmals zwei Operetten in einem Sommer

Der Wiener Operettensommer präsentiert 2012 erstmals zwei Operetten. Ein unbekanntes Werk wie „Die polnische Hochzeit“ alleine zur Aufführung zu bringen, wäre ein zu großes Wagnis. Daher steht alternierend Franz Lehars „Land des Lächelns“ auf dem Programm.

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