Beschwerde wegen Babywegnahme

Weil der mutmaßlichen Doppelmörderin Estibaliz C. ihr Baby gleich nach der Geburt weggenommen worden ist, will ihr Anwalt eine Beschwerde beim Pflegschaftsgericht einbringen. Das Ansuchen für eine Hochzeit der Eltern des Kindes wurde genehmigt.

Der Anwalt von Estibaliz C., Rudolf Mayer vertritt den Standpunkt, dass das Jugendamt eine Zwangsmaßnahme ohne Rechtsgrundlage gesetzt habe. Die einzige Begründung für die Abnahme eines Kindes könne nur Gefahr in Verzug sein, sagte Mayer. Und dies sei im konkreten Fall nicht gegeben.

Eissalonbesitzerin vor Gericht

APA/Robert Jäger

Die Mordverdächtige mit ihrem Anwalt Mayer

Er habe bereits während der Schwangerschaft von Estibaliz C. gemeinsam mit seiner Mandantin einen Vorschlag beim Pflegschaftsgericht eingebracht. Demnach hätte das Baby während der Stillperiode ausschließlich bei der Mutter gelebt und danach immer mehr Zeit beim Vater verbracht. Nach drei Jahren sollte das Kind beim Vater leben und die Mutter nur noch besuchen. Die Mutter von Estibaliz C. wäre demnach bereit, von ihrem Heimatland Spanien nach Österreich zu übersiedeln und den Vater ihres Enkels zu unterstützen.

Hochzeit hinter Gittern genehmigt

Die beiden frischgebackenen Eltern werden jedenfalls in den nächsten Wochen in der Justizanstalt Josefstadt heiraten: Das Ansuchen wurde von der Strafvollzugsdirektion genehmigt. Die Hochzeit wird standesamtlich sein und in der „Vernehmungszone“ der Justizanstalt Josefstadt stattfinden.

Recht auf Familienleben verletzt?

Mayer will zudem seinen Kollegen Karl Bernhauser zur Einbringung einer Verfassungsgerichtshofsbeschwerde zuziehen. Er hält es für möglich, dass durch die Trennung des Kindes von der Mutter der Tatbestand des Quälens von Unmündigen vorliegt. Verletzt sieht er Artikel 8 der Menschenrechtskonvention, das Recht auf Familienleben. „Ein kleines Kind braucht die Mutter wie ein Stück Brot“, meinte der Jurist.

Viele Behördenwege für Vater

Die Obsorge soll jedenfalls vom Vater des Kindes übernommen werden. Doch zuvor muss der 47-Jährige als nicht mit der Mutter verheirateter Papa die Vaterschaft erst formal anerkennen. Geplant ist laut der Sprecherin des Jugendamtes, Herta Staffa, dass er seinen Sohn so rasch wie möglich zu sich nimmt. In einem weiteren Schritt muss der 47-Jährige beim Pflegschaftsgericht einen Antrag auf Zuteilung der Obsorge stellen.

Ob diesem Antrag stattgegeben wird, entscheidet dieses Gericht, wobei das theoretisch mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. Im Fall, dass die Mutter die Obsorge beantragen sollte, habe der Richter die Möglichkeit, Gutachten einzuholen, sagte Jugendamtssprecherin Staffa. Als Beispiele führte sie psychologische und psychiatrische Stellungnahmen an.

Kind soll nicht in Medien

Die Entscheidung werde voraussichtlich nicht von einem Wiener Pflegschaftsgericht getroffen, da der Vater des Buben wahrscheinlich in einem anderen Bundesland leben werde. Zum künftigen Wohnort gibt die Behörde auf Wunsch des 47-Jährigen keine Auskunft. Das vorläufig obsorgeberechtigte Jugendamt wird auch darauf achten, dass das Kind nicht medial zur Schau gestellt wird, „so wie wir das grundsätzlich bei Kindern machen“, sagte Staffa.

Mutter hätte Kind gerne bei sich

Der früheren Eissalonbesitzerin wurde das Baby sofort nach der Kaiserschnittgeburt abgenommen. „Sie hätte ihr Kind lieber bei sich“, sagte Staffa - mehr dazu in Mordverdächtige: Wirbel um Kind.