Holocaust-Gedenken auf Heldenplatz

Einige hundert Menschen haben am Freitag auf dem Heldenplatz den Holocaust-Gedenktag begangen. Aus Blumen wurde der Schriftzug „Erinnern und Zeichen setzen!“ geformt. Einmal mehr warnte man vor Rassismus und Antisemitismus.

Nur wenige Meter von der Hofburg entfernt, wo sich am selben Tag schlagende Burschenschafter zum umstrittenen Ball des Wiener Korporationsrings (WKR) treffen, wurde ein Kranz niedergelegt und der sechs Millionen ermordeten NS-Opfer gedacht. „Ihr, die ihr heute hier tanzen und feiern werdet, wir erinnern euch an die Ermordung von zwei Dritteln des europäischen Judentums“, sagte der Holocaust-Überlebende Rudolf Gelbard in seiner Rede.

Gedenkveranstaltung am Heldenplatz

APA/Fohringer

Menschen legten Blumen nieder

Gegen die „Wurschtigkeit“

Ariel Muzicant, Präsident der Wiener IKG, warnte vor der Gefahr der „Wurschtigkeit“ in der Bevölkerung. Die Menschen seien bereit, eine Partei zu wählen, in der all das verherrlicht werde, was die schrecklichen Verbrechen des Nationalsozialismus ausgelöst habe, sagte er, ohne die FPÖ direkt zu nennen. „Es sind nicht die blöden Buben, die irgendwelche Hakenkreuze schmieren, die mich ängstigen, es sind diese Schreibtischtäter.“

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Auschwitz

APA/Fohringer

Muzicant warnte vor heutigen Schreibtischtätern

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) erinnerte an die Symbolik des Gedenkens an jenem Ort, an dem die Menschen 1938 Adolf Hitler zugejubelt hatten. „Wir sind nicht das andere Österreich, wir sind Österreich“, rief sie den Teilnehmern der Veranstaltung zu. Grünen-Chefin Eva Glawischnig sprach von abgrundtiefer Bösartigkeit der NS-Verbrechen und der Verpflichtung, diese niemals zu vergessen. „Umso perfider ist es, dass auf diesen Gräbern von Auschwitz heute getanzt wird.“

Bünker: „Kirche ohne Schlussstrichmentalität“

„Wer die Opfer vergisst, tötet sie noch einmal“, mahnte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker anlässlich des Gedenktages. Für die Kirchen gebe es keine „Schlussstrichmentalität“. Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten, speziell auch Auschwitz, sei eine wichtige Voraussetzung für zivilcouragiertes und solidarisches Handeln heute. Bünker bezeichnete es als „ungeheuerliche Geschmacklosigkeit“ und Verhöhnung der Opfer des Holocaust, dass ausgerechnet am Gedenktag der Korporationsball abgehalten werde.

Auschwitz als Beispiel der Folgen von Intoleranz

„Auschwitz steht stellvertretend für den Massenmord der Nazis an den europäischen Juden, politisch verfolgten, Homosexuellen, Sinti und Roma“, sagte Peter Traschkowitsch, Landesvorsitzender der Sozialdemokratie und Homosexualität (SoHo). Man müsse und werde sich als Mahnung mit der Geschichte der NS-Zeit dafür auseinandersetzen, wohin Rassenhass, Antisemitismus, Rechtsextremismus, Intoleranz und öffentlich geschürter Hass gegen einzelne Bevölkerungsgruppen führen könne.

„Wir wollen heute und auch in Zukunft den Kampf gegen Rechtsextremismus zum neuen österreichischen Kulturerbe machen“, sagte Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch. Er spielte damit auf die Listung des WKR-Balls mit anderen Bällen unter dem Titel „Wiener Ball“ auf der Liste des immateriellen Kultuererbes der UNESCO an. Österreich zeige am Gedenktag zwei Gesichter: die Bereitschaft, gegen Unrechtsideologien aufzutreten, und dass die extreme Rechte immer noch einen Fuß im Zentrum der Gesellschaft hat.

Umstrittener WKR-Ball in der Hofburg

Am Abend findet in der Hofburg wieder der WKR-Ball statt. Gegner des Balls rufen zu einer Großdemonstration auf. Die Exekutive stellt sich auf über 3.000 Teilnehmer ein. besonders umstritten ist der Ball heuer, weil er genau am Datum des Internationalen Holocaust-Gedenktages stattfindet - mehr dazu in WKR-Ball wirft Schatten voraus.

Rechtextremer Hass auf Muslime nimmt zu

Angriffsziele und Hetze von Rechtsextremisten verlagern sich unterdessen international zunehmend von Juden auf Muslime. Das beobachtet auch die Salzburger Historikerin Helga Embacher, die den Antisemitismus wissenschaftlich untersucht und dokumentiert - mehr dazu in Rechtsextreme: Hass auf Muslime statt Judenhass.

Link: