Wiener Vereine protestieren gegen ACTA

Die Proteste gegen das umstrittene „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“ (ACTA) verlagern sich vom Internet auf die Straße. Zahlreiche Vereine haben für Samstag, den weltweiten Aktionstag „Act against ACTA“, Kundgebungen in Wien angekündigt.

Mehr Rechte für Unternehmen, weniger Rechte für Internetnutzer: Darauf laufen die anstehenden Abkommen hinaus. In den vergangenen Tagen vernetzten sich in Wien zahlreiche Gruppierungen, darunter der Verein für Internet-Benutzer Österreichs, die Initiative Netzfreiheit und die Piratenpartei, um gegen das umstrittene Internetabkommen ACTA mobil zu machen. Unterstützt werden sie von der Aktivistengruppe „Anonymous“, dessen Protest-Video auf YouTube bereits über 1,2 Millionen Aufrufe zählt.

Der Verein für Anti-Piraterie der Film- und Videobranche (VAP) kann die Proteste nicht nachvollziehen und spricht in einer Aussendung von „Miss-Interpretationen des Vertragstextes und panikmachenden Behauptungen“. „Das Ziel des ACTA Handelsvertrags ist ein koordinierter und globaler Zugang gegen massive, gewerbsmäßige Produktpiraterie und für den Schutz von Arbeitsplätzen und immaterielle Rechte, keineswegs die Einschränkung der Bürgerrechte“, so Monique Göschl vom VAP gegenüber wien.ORF.at.

Acta-Proteste in Polen

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Nach Protesten in Polen gehen nun auch ACTA-Kritiker in Wien auf die Straße

Unmut über geheime Verhandlungen

„Die Problematik bei ACTA liegt unter anderem am Entstehen dieses Abkommens. Der Text des Abkommens wurde lange geheim gehalten und die Unterzeichnung wurde jetzt ohne öffentliche Diskussion bekannt gegeben. Der Text des Abkommens ist sehr vage und kann unterschiedlich interpretiert werden“, so Peter Kuhm vom Verein für Internet-Benutzer Österreichs gegenüber wien.ORF.at.

Die Interpretationsmöglichkeiten des Abkommens sind auch der Wiener Piratenpartei ein Dorn im Auge. Parteivorstand Sylvester Heller befürchtet, dass es durch ACTA zur totalen Überwachung der Bevölkerung komme, die „jegliche private Kommunikation, jegliche vertrauliche, geschäftliche Kommunikation aber vor allem jede unabhängige, politische Aktivität unmöglich machen würde.“

Mögliches Ende für soziale Netzwerke

Hans Zeger, Obmann des Vereins Arge Daten, spricht von einer Neuauflage der Diskussion, was das Internet eigentlich sei. Ein möglichst wenig regulierter, öffentlicher Raum, bei dem Rechtsverstöße in Kauf genommen werden müssen oder „eine Geschäftsplattform, in der die Betreiber nach ihren Regeln bestimmen, Grundrechtsinteressen den wirtschaftlichen Wünschen geopfert werden und Gruppen wegen möglicher wirtschaftlicher Verstöße ausgeschlossen werden können.“

Die Kopierindustrie versuche seit Jahren die Plattform-Betreiber stärker in die Verantwortung zu ziehen und zur Inhaltskontrolle zu verpflichten. „Mit ACTA wäre dies möglich. Durch die Prüfpflichten müsste ein Plattform-Betreiber jeden Content auf mögliche Urheberrechtsverletzung prüfen, was er bei den großen Mengen nicht kann“, so Zeger. Damit würden Geschäftsmodelle wie die von Google, Twitter, Facebook, Wikipedia oder YouTube nicht mehr möglich sein.

Acta-Demo in Polen

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Bei „Act against ACTA“ werden zahlreiche Teilnehmer erwartet

Zeger: „ACTA ist überflüssig“

ACTA-Gegner sehen den Schutz vor Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen bereits in den bestehenden österreichischen Gesetzen geleistet. Zeger: „Diese müssen im Einzelfall, bei einer Verletzung angewandt werden. Ein neues Abkommen, dass eine Art Sippenhaftung und vorbeugende Inhaltskontrolle verlangt, ist überflüssig.“

Mobilisierung der Bevölkerung

Damit ACTA tatsächlich in Kraft tritt, muss das EU-Parlament dem Abkommen in den nächsten Monaten noch zustimmen. „Es gibt eine gute Chance, ACTA im EU-Parlament zu stoppen. Dazu ist es jedoch notwendig die Abgeordneten mit Fragen und Bedenken darauf aufmerksam zu machen, dass das Abkommen nicht so unstrittig ist, wie es der Rat gerne präsentiert“, so Kuhm.

Auch Heller kündigt weitere Kampagnen an: „In Polen, Tschechien und der Slowakei haben die Proteste schon dazu geführt, dass die Ratifizierung abgelehnt wurde. Wir werden so lange weitermachen, bis alle Menschen in diesem Land über ACTA informiert sind und wir sind davon überzeugt, dass sich die überwiegende Mehrheit das nicht gefallen lassen wird.“

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