WGKK stoppt Psychotherapie

Aufregung um die Gewährleistung von Psychotherapie auf Teil-Kassenkosten. Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) sperrt dem größten Versorgungsverband alle Neuanträge für Einzel-Psychotherapie.

„Überfallsartig werden die Anträge von der WGKK nicht mehr angenommen. Voraussichtlich bis zum Frühjahr 2013“, schlug die Vereinigung Österreichischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (VÖPP) Alarm. Betroffen ist die Wiener Gesellschaft für psychotherapeutische Versorgung (WGPV).

„Katastrophe für sozial bedürftige Patienten“

Das Präsidium der VÖPP protestiere energisch gegen den Druck und die „Sparmaßnahme“ der WGKK zulasten der Patienten. VÖPP-Präsidentin Jutta Fiegl betonte: „Jahrelang arbeiten und kämpfen wir für Kassenpsychotherapie und plötzlich aus Budgetgründen ein Stopp - eine Katastrophe für sozial bedürftige Patienten. Als ob über Nacht Herzoperationen eingestellt würden.“

Gestoppt worden sei die Aufnahme neuer Patienten in die Einzelbehandlung bei Therapeuten, welche über die WGPV mit der Wiener Gebietskrankenkasse abrechnen. Das ist der größte Abrechnungsverein für solche Leistungen in der Bundeshauptstadt. 550 Therapeuten sind darin eingebunden. Die Kürzung könnte rund 225.000 Patienten im Jahr treffen. Andere Vereine oder Institutionen wie die Psychosozialen Dienste (PSD), sollen nicht betroffen sein.

WGKK: Jahreskontingent wiederholt überschritten

Die WGKK weist die Kritik zurück, wonach dem die Behandlungsmöglichkeiten abrupt verwehrt werden. Seit Jahren werde mit den Vertragspartnern in diesem Bereich ein Stundenkontingent vereinbart. Die WGKK bezahle hierfür eine Pauschale, über die die Vereine verfügen. Der größte Versorgungsverband WGPV habe das vereinbarte Kontingent in den vergangenen Jahren allerdings kontinuierlich überzogen. Um diesen Rucksack abzubauen wurde nun vereinbart, das jährliche Volumen entsprechend anzupassen, hieß es.

Laufende Behandlungen nicht betroffen

Bis auf weiteres könne keine Therapie neu angefangen werden, stellte Andrea Fleischmann von der WGKK klar. Nicht davon betroffen seien bereits laufende Behandlungen und Anträge auf Kostenzuschuss sowie auch Therapien für Kinder. Fleischmann betonte außerdem, dass die Versorgung in Wien aufgrund der Maßnahme nicht komplett gefährdet sei. So gebe es einen zweiten Verein, den Verein für ambulante Psychotherapie (VAP), der über ein Kontingent von 45.000 Stunden verfüge. „Da gibt es noch Kapazitäten“, berichtete sie.

Insgesamt würden jährlich knapp zehn Millionen Euro für die Psychotherapie aufgewendet werden. Das entspreche rund 55 Prozent aller in Österreich verordneten Behandlungen.

Jahrelang heftig diskutiert

Rund um die Psychotherapie auf Kassenkosten gibt es seit 20 Jahren regelmäßig heftigste Diskussionen in Österreich. Nach dem Scheitern des ehemals geplanten Abschlusses eines Gesamtvertrages zwischen Sozialversicherung und Psychotherapeuten im Jahr 2000 beschlossenen die Krankenversicherungen, eine psychotherapeutische Versorgung aufzubauen. Diese wurde jeweils auf Länderebene und zumeist im Rahmen von Vereinbarungen mit Versorgungsvereinen erreicht.

Von in Österreich tätigen rund 7.000 Psychotherapeuten arbeiten etwa 2.000 im Rahmen solcher Modelle. Es werden pro Jahr derzeit etwa 500.000 Therapiestunden bereitgestellt. Das betrifft rund 35.000 Patienten, die auf Sachleistungsbasis versorgt werden. Etwa die selbe Zahl von Patientinnen erhält Kostenzuschüsse (21,80 Euro pro Therapiestunde). Über Ärzte mit dem PSY-Diplom der Österreichischen Ärztekammer werden schließlich noch einmal rund 65.000 Betroffene betreut.

Grüne üben Kritik

Scharfe Kritik am Vorgehen der WGKK übte unterdessen der grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald: „Die Verweigerung einer adäquaten und notwendigen Versorgung wäre bei körperlich Kranken undenkbar und würde allgemeine Empörung auslösen. Die Wiener Gebietskrankenkasse soll diese Diskriminierung psychisch Kranker sofort stoppen“, forderte er .

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