Kampusch gegen Verschwörungstheorien

Natascha Kampusch hat in einem Interview mit der ORF-Sendung „Thema“ alle Verschwörungstheorien rund um eine Schwangerschaft oder einen Pornoring zurückgewiesen. Zudem bezeichnete sie die Gerüchte als „enorme psychische Belastung“.

Der geheime parlamentarische Unterausschuss werde bezweifeln, dass es im Fall Kampusch nur einen Täter gegeben hat, sagte der Ausschussvorsitzende Werner Amon und löste damit neuerlich eine Lawine an Berichten und Spekulationen aus. Gleichzeitig wurde bekannt, dass ein Polizist auf eigene Faust ermittelt hatte. Er sagte zudem aus, den Auftrag dafür vom ehemaligen OGH-Präsidenten Johann Rzeszut bekommen zu haben. Dieser dementierte das bereits mehrmals - mehr dazu in Bekam Polizist Auftrag?.

„Es ist empörend und unglaublich“

Auch mehr als fünf Jahre nach ihrer Flucht findet Kampusch also keine Ruhe. Wie es ihr mit diesen neuen Gerüchten geht, erklärte sie im Interview mit Christoph Feurstein. „Es verletzt. Es ist schwierig, weil man gegen solche Vorhaltungen ja nicht argumentieren kann“, so Kampusch.

Zu der Unterstellung, dass sie in der Gefangenschaft ein Kind auf die Welt gebracht haben soll, sagte Kampusch: „Da kann man sich einfach nur auf den Kopf greifen. Im Grunde genommen ist es empörend, im Grunde genommen ist es unglaublich.“ Sie sei nicht schwanger gewesen.

Dass im Verlies Bücher über Schwangerschaft gefunden wurden, liege daran, dass sie vom Entführer Lesestoff bekommen habe. Dabei waren auch alte Sachen von „irgendwem“ - u.a. ein kleines Heftchen, wie man einen Säugling pflegt. Eine gefundene Haarlocke stamme nicht von einem Baby sondern von ihr. Sie musste sich den Kopf rasieren, damit man keine Haare finden konnte, nachdem sie oben im Haus gearbeitet hatte.

Würde „Pädophilenring nie decken“

Die Gerüchte, sie würde einen Pädophilenring decken, wies Kampusch entschieden zurück: „Alle wissen, was mir passiert ist, dass ich achteinhalb Jahre gefangen war. Ich hab gesagt, was ich sagen konnte, was ich wusste. Ich würde so was nie tun. Ich würde nie verhindern, dass solche Verbrecher zur Rechenschaft gezogen werden, und würde alles daransetzen, dass das anderen Leuten nicht passiert.“

Sie habe auch nie Mittäter gesehen. Mit dem Freund Priklopils, dem diese Rolle schon des öfteren unterstellt wurde, habe sie nach der Flucht mehrmals und lange telefoniert. Das sei geschehen, weil sie unter anderem wissen wollte, was in den letzten Minuten Priklopils geschehen sei und welchen Eindruck Außenstehende von ihm hatten. Zugleich interessierte sie, ob er vielleicht schon länger Bescheid wusste und nichts ausgesagt hat. „Ich wollte, falls er irgendwie doch eine Art Mittäter gewesen wäre, vielleicht auch zur Überführung beitragen.“

Unterstellung einer Liebesbeziehung „demütigend“

Zum „Vorwurf“, sie spare viel aus, vor allem wenn es um intime Details geht: „Ja, aber sehen Sie es doch so: Jeder hat ein Anrecht auf Privatsphäre und ich muss nicht alles erzählen. Gewisse Dinge sind sehr persönlich und haben auch nicht wirklich etwas mit diesem Verbrechen zu tun und warum soll ich dann demütigende Sachen preisgeben?“

Die Unterstellung einer Liebesbeziehung mit ihrem Peiniger sei „völlig absurd“. Bei der Vorstellung, dass es Menschen gibt, die solche Fantasien haben, „wird mir so richtig schlecht“. Das sei einfach demütigend und beleidigend.

Emotionale Debatte bei „Im Zentrum“

Über die Zweifel an der Einzeltäterschaft, den Selbstmord des Entführers Wolfgang Priklopil und dem Gerücht zum Kind entspann sich auch bei der Diskussion „Im Zentrum“ am Sonntagabend eine heftige Debatte. Natascha Kampusch werde „neuerlich missbraucht“, kritisierte Interviewer Christoph Feuerstein.

Johann Rzeszut, ehemaliger OGH-Präsident und Mitglied der Kampusch-Evaluierungskommission übte unter anderem daran Kritik, dass das Ermittlungsverfahren nach knapp drei Monaten eingestellt wurde und den Angaben einer Zeugin der Entführung nicht ausreichend Beachtung geschenkt worden sei. Die damals Zwölfjährige habe zwei Männer beobachtet. Dem hielt Kampusch-„Sonderermittler“, Staatsanwalt Thomas Mühlbacher, entgegen, dass das Mädchen sehr wohl nur von einem Entführer gesprochen haben, auch wenn sie unmittelbar vor der Tat einen zweiten Mann gesehen habe.

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