Jungärzte schon bei Jobstart frustriert

Die Wiener Jungärzte zeigen sich in einer Umfrage der Ärztekammer mit ihrer Arbeitssituation unzufrieden, vor allem fehlt ihnen das Lernen am Patienten. 30 Prozent der Befragten gaben an, dass sie nicht noch einmal den Weg des Mediziners einschlagen würden.

Den Jungärzten fehlt vor allem das Lernen am Patienten, das würde derzeit nur zehn Prozent ihrer Arbeitszeit ausmachen. Der Rest entfällt laut Umfrage auf Blut abnehmen, Blutdruck messen sowie auf bürokratische Tätigkeiten - das alles bei 60-Stunden-Wochen. Fast jeder dritte Turnusarzt würde laut Umfrage nach den Erfahrungen, die er gemacht hat, nicht noch einmal den medizinischen Ausbildungsweg einschlagen, ebenso viele glauben nicht, ihre Karriereziele zu erreichen.

Ärztekammer sieht „Alarmzeichen“

Der Wiener Ärztekammerpräsident Walter Dorner sah ein „Alarmzeichen“: „Dass die Ausbildung zum Arzt kein Spaziergang ist, ist jedem Medizinstudenten bewusst.“ Wenn dieser nach langer Wartezeit auf einen Turnusplatz jedoch über 40 Prozent seiner Arbeitszeit Patientendokumentationen, Administration und bürokratische Tätigkeiten widmen muss und nur zehn Prozent der Zeit auf seine ärztliche Ausbildung bzw. 37 Prozent auf Betreuung und Behandlung von Patienten fällt, „darf man sich nicht wundern, dass der Frust groß ist“.

Zwei Drittel der Turnusärzte meinen, mehr mit anderen Aufgaben betraut zu sein, die weniger ihrer ärztlichen Ausbildung dienen. Ihre Arbeits- und Berufszufriedenheit ist laut Umfrage, für die rund 1.800 (und davon rund 370 Jungärzte) von 12.000 Wiener Ärzten befragt wurden, generell durchwegs geringer im Vergleich zu etwa angestellten Spitalsärzten oder niedergelassenen Ärzten.

Etwa 60 Prozent der jungen Mediziner geben an, wöchentlich mehr als 60 Stunden zu arbeiten; dementsprechend hoch ist auch die Unzufriedenheit mit den Arbeitszeiten (für knapp 60 Prozent nicht oder wenig zufriedenstellend). Verbesserungswürdig ist für mehr als 70 Prozent der Befragten auch die generelle Verteilung ihrer Arbeitszeit, immerhin verrichten mehr als die Hälfte von ihnen durchschnittlich zwei Nachtdienste pro Woche und zwei Wochenenddienste pro Monat.

Oberärzte sollen Coaching erhalten

Während sowohl die Zusammenarbeit mit Kollegen als auch die Gleichbehandlung von Frauen und Männern tendenziell positiv bewertet wird, gibt es ein harsches Urteil für die Vorgesetzten. Die Hälfte der Jungärzte ist weniger zufrieden oder unzufrieden mit Führung, Unterstützung und Leistungsbeurteilung.

Ärztekammer-Präsident Walter Dorner kündigte an, mit den Wiener Spitalserhaltern Maßnahmen für eine bessere Ausbildung zu erarbeiten. Dabei sollen die Oberärzte besser geschult werden: „Wenn das in ein bis zwei Jahren nicht voll funktioniert, dann muss man eben auch Coachingkurse für Oberärzte einrichten, sodass sie pädagogisch lernen, wie man mit jungen Kolleginnen und Kollegen umgeht“, meinte Dorner am Dienstag in einer Pressekonferenz.

Laut Dorner beginne die Beziehung zwischen einem jungen Arzt und einem Patient bei der Beziehung zwischen dem ausbildenden Oberarzt und dem Turnusarzt. Er mahnte die Spitalserhalter ein, die Ausbildung der Jungärzte gemäß der gesetzlichen Vorlage auch umzusetzen.

Dorner legt Präsidentschaft zurück

Bei der Kammerwahl will Walter Dorner so kandidieren, dass er weiter im Vorstand und in der Vollversammlung der Wiener Ärztekammer bleiben kann. Die Präsidentschaft wird er zurücklegen - mehr dazu in Ärztekammer-Präsident Dorner tritt ab.

Die Einführung der Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) wird von der Ärztekammer nach wie vor kritisiert. Gestützt auf ein Gutachten werden die errechneten Einsparungen angezweifelt - mehr dazu in Ärztekammer: „Wie im Märchenland“.

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