Philharmoniker nicht „Generation Facebook“

Die Philharmoniker haben auch im 171. Jahr ihres Bestehens viel vor. Es stehen Geburtstage und Brahms auf dem Programm. Gegen ihre falsche Facebook-Seite wollen sie nicht vorgehen. „Wir sind wohl nicht die Generation Facebook“, so Geschäftsführer Dieter Flury.

Etwa 100 philharmonische Konzerte, dazu der allabendliche Staatsoperngraben und das Engagement bei den Salzburger Festspielen beschäftigen für gewöhnlich die Philharmoniker. Auch ein Computersystem, bei dem sich die Musiker selbst für die Konzerttermine einteilen können, haben die Wiener Philharmoniker - wer allerdings die Facebook-Seite unter ihrem Namen und „in abenteuerlichem Englisch“ betreibt, wissen sie nicht.

Keine Konsequenzen für Fake-Betreiber

„Wir sind wohl nicht die Generation Facebook“, so Flury beim gemeinsamen Interview mit Vorstand Clemens Hellsberg. Außen vor lässt man daher vorerst die rechtliche Klärung, wenn es die anonymen Betreiber des scheinbar offiziellen Facebook-Auftritts der Philharmoniker geht. „Da ist unser Logo und auch das unseres Sponsors“, so Hellsberg. Eigene Aktivitäten auf Facebook oder anderen sozialen Netzwerken seien bisher nicht geplant.

Dirigent Franz Welser-Möst und die Wiener Philharmoniker während des Neujahrskonzertes 2011

APA/Herbert Neubauer

Wiener Philharmoniker im Musikverein

Maazel dirigiert das Sommernachtskonzert 2013

Im eigentlichen Metier der Philharmoniker stehen bei den selbst veranstalteten Abokonzerten und Soireen 2012/13 runde Geburtstage und Dienstjubiläen von Daniele Gatti, Semyon Bychkov und Georges Pretre, viel Brahms und zwei Programme in kleiner Besetzung am Plan. Sowie natürlich jene Künstler, „die zur engsten Familie gehören“, so Hellsberg und Flury.

Zu dieser Familie zählt etwa Staatsopern-Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst, der neben dem Neujahrskonzert 2013 auch im Abo am Pult steht und mit dem die Philharmoniker „eine einzigartige Symbiose“ verbindet. Eine solche wird auch am kommenden Sonntag (6. Mai) gefeiert: Im Anschluss an die Vorstellung von „Arabella“ wird dem Wiener Staatsopernorchester auf offener Bühne die Ehrenmitgliedschaft der Wiener Staatsoper verliehen.

Aber auch Zubin Mehta und Lorin Maazel, der nicht nur im Abo „tief in den Topf der Klangfarben“ greifen wird, gehören zum engsten Familienkreis. Neben dem Konzert am 23. und 24. März mit Strauss’ „Alpensinfonie“ sowie Strawinsky und Skrjabin, wird Maazel auch das Sommernachtskonzert Schönbrunn 2013 dirigieren - mit einem Schwerpunkt auf Wagner und Verdi anlässlich beider 200. Geburtstag.

Johannes Brahms im Fokus

Ein weiterer Saisonfokus gilt Johannes Brahms: Mit Daniele Gatti wurde zu seinem 50er im Vorjahr bereits das Deutsche Requiem gespielt, nun folgen in zwei Konzerten alle vier Symphonien - ein Programm, das auch nach Italien und Spanien reist.

Eine Herausforderung für die Saisonplanung war das dreieinhalbwöchige Gastspiel der Staatsoper in Japan. Mit Simon Rattle und Riccardo Muti fand man Lösungen in kleinen Besetzungen: Ende Oktober wird mit Rattle das Schumann-Oratorium „Das Paradies und die Peri“ gegeben, Anfang November kombiniert man unter Muti Symphonien von Honegger und Schubert.

Abo-Debüts am Pult geben Michael Tilson-Thomas, ebenfalls mit Brahms, der diesmal mit Arnold Schönberg kombiniert wird, sowie Tugan Sokhiev zu Saisonschluss. Sohkiev war zuletzt für Zubin Mehta bei unverändertem Programm eingesprungen - „Das ist auch ein Dankeschön“, so Flury.

Pretre feiert das 50-jährige Dienstjubiläum

Zum 60er gratulieren die Philharmoniker taggenau dem Maestro Semyon Bychkov - „aber dann musste es auch eine Familienfeier sein“, so Hellsberg. Daher wurden seine Ehefrau Marielle Labeque sowie ihre Schwester und Klavierduo-Partnerin Katia Labeque am 30. November dazugebeten. Mit Georges Pretre wird das 50-jährige Dienstjubiläum begangen, dass das Programm mit Beethoven, Strawinsky und Ravel nach den Wien-Terminen Mitte Jänner auch nach Paris ans Theatre des Champs-Elysees weiterwandert, erfülle Pretre „einen Herzenswunsch“.

Nach einem „ungarischen Programm“ mit Mariss Jansons, der aus seinem Halb-Sabbatical zurück ist (Ende April mit Haydn, Liszt und Bartok), wird auch die Beethoven-Kooperation mit dem „Uraufführungsort“ Theater an der Wien fortgesetzt. Als Solistin wurde Geigerin Julia Fischer engagiert, kombiniert wird das Beethoven-Violinkonzert mit jenem von Esa-Pekka Salonen, der auch am Pult steht.

Vor der neuen Saison klingt allerdings noch die alte aus: Zunächst am 7. Juni beim Sommernachtskonzert, das heuer unter der Leitung von Energiebündel Gustavo Dudamel über die Bühne geht. Das Programm wird erst kurz davor bekanntgegeben - fest steht bereits, dass Claude Debussy zum 150er gewürdigt wird. Und fest steht, dass der Sommer nach Salzburg führt: Für rund 20 Opernvorstellungen und 10 Konzerte sind die Philharmoniker bei den Festspielen gebucht: „Salzburg gehört zu unserer Identität und wir zur Identität Salzburgs.“

„Paradigmenwechsel gab es 2007“

In die Kassen des Unternehmens Wiener Philharmoniker fließen über Konzerte, Festspiele, Vermarktungsrechte und Sponsoring Quellen unterschiedlichen Ursprungs. „Einen Paradigmenwechsel gab es 2007“, erklärt Flury am „Paradepferd Neujahrskonzert“. „Da haben wir verstanden, dass Sponsoring und Vermarktungsrechte in eine Hand gehören.“ Seither fungiert der ORF als Koproduzent und hat die Rechte für Österreich, im Ausland - mittlerweile sind 75 Länder dabei - vermarkten sich die Philharmoniker selbst über eine Agentur.

Zum „Package“ gehören auch Sommernachtskonzert Schönbrunn und ein weiteres TV-Konzert, das in einem anderen europäischen Land aufgezeichnet wird. Seit es dieses Modell gibt, verdient das Orchester an den Großkonzerten etwa doppelt so viel wie früher.

Geschäfte machen andere auch bereits im Internet. Online-Streaming von Konzerten nach Vorbild der von den Berliner Philharmonikern bespielten „Digital Concert Hall“ ist für die Wiener Philharmoniker allerdings nicht einfach umzusetzen. Konkret mangelt es dafür an einer eigenen Konzerthalle, die man dann entsprechend kostspielig ausstatten müsste, sowie an einem Chefdirigenten. „Unsere Dirigenten sind immer irgendwo Chef und haben da ihre Exklusivitäten“, so Flury. „Die Saisonplanung wäre dann statt von musikalischen von Rechtefragen geprägt.“

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