„Jörg Haider“ für Gastarbeiteroper gefunden

Pfusch am Bau samt zwei Haider-Imitatoren: Bei den Wiener Festwochen gewährt Alexander Nikolic in seiner „New Boemian Gastarbeiter Opera“ einen Blick in das Leben und die Sehnsüchte der ex-jugoslawischen Gastarbeitercommunity in Wien.

„Es ist eine Baustelle, die selbst zum Bauwerk wird,“ sagte Nikolic gegenüber wien.ORF.at über sein Stück. Der Regisseur ist selbst zweisprachig in einer Arbeiterfamilie in Wien aufgewachsen und kennt das Milieu, das er beschreibt. Wie genau die „New Boemian Gastarbeiter Opera“ bei der Erstaufführung im WUK am 2. Juni aussehen wird, wisse er nicht. Sie hat jedenfalls fünf Akte, einen Chor und zwei Jörg-Haider-Imitatoren. Der Rest entsteht und entwickelt sich im Rahmen der öffentlichen Proben im Lokal „Boem“ in der Koppstraße.

Jörg-Haider-Casting

Am 16. Mai traten bei der dritten öffentlichen Probe zur Gastarbeiteroper fünf Kandidaten zum Haider-Casting an. Die Proben finden dabei jedes Mal im serbo-kroatisch-sprachigem Community-Lokal „Boem“ in Ottakring statt. Dieses erinnere an die ehemaligen Gastarbeiterlokale in Wien, hieß es in der Ankündigung. Die Teilnehmer sollten die Rolle des wieder auferstandenen Politikers Jörg Haider spielen und überzeugten durch typische Pointen und teils ähnliches Aussehen.

Casting für die "New Boemian Gastarbeiter Opera"

ORF/Marina Delcheva

„Haider“-Casting für die „New Boemian Gastarbeiter Opera“

Jeder Anwärter nahm Stellung zu aktuellen Gesellschaftsthemen wie Integration, Demonstrationsfreiheit oder zur Asylpolitik des Landes. Gleich zwei Imitatoren überzeugten das Publikum, das durch Klatschen den Sieger kürte. Welche Rolle beide genau spielen werden, wusste selbst Nikolic nicht: „Die Rolle entsteht im Prozess. Ich muss mir ansehen, was jeder kann und wo er am besten eingesetzt werden kann.“

Chor und Menschenrechtsaktivisten

Im Rahmen der Gastarbeiteroper tritt auch der Chor „29. November“ auf. An diesem Tag wurde übrigens 1945 die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien ausgerufen. Auch das Stück selbst verweist immer wieder auf die Zeit vor dem Bürgerkrieg im Ex-Jugoslawien. „Die Menschen waren damals solidarischer“, so Nikolic. Auch 20 Jahre nach dem Krieg sei unter den hier lebenden, ehemaligen Gastarbeitern noch eine Kluft aufgrund der Religion oder Ethnie zu spüren. Nikolic möchte diese in seinem Stück schließen.

TV-Hinweis:

Wien heute hat das Casting mit der Kamera begleitet. Den Beitrag sehen Sie am Donnerstag um 19.00 Uhr in ORF 2 und danach on Demand.

In der Gastarbeiteroper spielt auch der Musiker und Schauspieler Patrick Bongola aka „Topoke“, der Anfang dieser Woche drei Tage im Gefängnis verbrachte. Nach einer unangekündigten Demonstration im Jänner gegen die Abschiebung eines Familienvaters hatte er sich geweigert eine Verwaltungsstrafe zu bezahlen und saß die Strafe freiwillig im Gefängnis ab. Nikolic und „Topoke“ nutzten die öffentlich Probe auch, um Kritik an die nationale Asylpolitik zu üben. Die übrigen Protagonisten des Stücks sind teilweise ausgebildete Schauspieler, teilweise Laien aus dem Arbeitermilieu. „Manche haben sich direkt aufgedrängt“, so Nikolic.

Guerilla-Picknick und „Jugodiscoflashmob“

Für die beiden letzten öffentlichen Proben hat sich Nikolic etwas Besonderes ausgedacht. Am Sonntag veranstaltet er ab 11.30 Uhr ein „Gastroguerilla-Picknick“. Treffpunkt ist das „Boem“ in der Koppstraße. Die Proben selbst finden dann auf dem benachbarten Grundstück eines abgerissenen Reisebüros statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Veranstalter ersuchen jedoch um Voranmeldung auf der Homepage.

Die letzte öffentliche Probe findet am 25. Mai statt. Unter dem Motto „rekapitulacija-jugodiscoflashmob“ treffen sich die Protagonisten der Gastarbeiteroper und interessierte Besucher ab 20.30 im „Boem“. Danach soll zu Disco-Klängen aus dem ehemaligen Jugoslawien getanzt und gesungen werden. Ab dem 3. Juni werden dann alle fünf Akte der Gastarbeiteroper im Rahmen der Festwochen im WUK aufgeführt. Karten sind noch online erhältlich.

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