Heimkinder bestätigen „Missbrauch“

Die Kommission zur Klärung der Vorwürfe im früheren Kinderheim auf dem Wilhelminenberg hat weitere Interviews mit Heimkindern und Erziehern geführt. Dabei wurde von „brutaler Gewalt, sexuellem Missbrauch und systematischer Demütigung“ berichtet.

„Durch die Zusammenführung der Interviews mit ehemaligen Heimkindern und jenen mit Angestellten sowie weiteren ZeitzeugInnen, schließlich im Zusammenhalt mit weiteren Aktenrecherchen sollte es gelingen erste Schlussfolgerungen über die Ereignisse im Kinderheim Schloss Wilhelminenberg zu ziehen“, hieß es in einem neuen Bericht der Kommission unter Leitung von Barbara Helige.

Es wurden weitere 25 Interviews mit Heimkindern geführt, die die bisherigen Erkenntnisse vertiefen konnten. Die in den Interviews berichtete „brutale physische und psychische Gewalt, der sexuelle Missbrauch und die systematische Demütigung der Kinder – Vorwürfe die sich bei weitem nicht auf das Kinderheim Wilhelminenberg beschränken - lassen die umfassende Aufklärung im Sinne der davon Betroffenen geboten erscheinen“, hieß es in dem Zwischenbericht. Insgesamt wurden bisher 74 ehemalige Heimkinder befragt.

Endbericht wird sich verzögern

Aus den Interviews mit Heimkindern konnte bereits eine größere Anzahl von Erzieherinnen und Erziehern, Lehrerinnen und Lehrern sowie weiterer Beschäftigter ermittelt werden. Mit 15 von ihnen konnte bislang ein Interview geführt werden.

Schloss Wilhelminenberg, Archivaufnahme

ORF

Aufarbeitung der Vorfälle im ehemaligen Kinderheim läuft

Bei anderen Mitarbeitern „kam es zu Verzögerungen, nachdem die MA 2 erst langwierig datenschutzrechtliche Voraussetzungen im Zusammenhang mit Personalakten prüfte. Diese Akten werden der Kommission erst im Laufe des Juni zugänglich“, teilte die Kommission mit. „Auswirkungen auf den Abgabetermin des Endberichts sind damit wohl unvermeidbar.“

Während die Interviews mit ehemaligen Heimkindern in ihren Aussagen laut Kommission sehr häufig in Deckung zu bringen sind und „damit eine umso wichtigere Erkenntnisquelle darstellen, konnte aus den bisherigen Interviews mit Angestellten noch nicht allzu viel gewonnen werden, weil die Erinnerungen oft lückenhaft geschildert werden oder überhaupt fehlen“. Zudem haben sich bis auf wenige Personen keine weiteren Angestellten bei der Kommission gemeldet, obwohl bereits mehrere Aufrufe in den Medien erfolgten.

Recherchen in den Archiven ausgeweitet

Da es nach wie vor an Quellen zur Geschichte des Kinderheims Wilhelminenberg mangelt, wurde die Recherche auf Orte und Quellen ausgedehnt. Das gilt für die Archive des Krankenanstaltenverbunds - dem die Erziehungsheime und damit auch das Heim Wilhelminenberg unterstanden - Protokollbücher des Anstaltenamts, aber auch psychiatrische Stellungnahmen und andere Befundberichte.

In einer nächsten Phase soll nun von der Kommission geklärt werden, wer von den Ereignissen wusste und wer aller Verantwortung trägt. Zu diesem Zweck werden neben der Fortführung der Interviews auch die Aktenrecherchen ausgedehnt: So sollen Rettungseinsätze der Wiener Rettung nachvollzogen und Unfallmeldungen gesichtet werden. Akten des Wiener Stadtschulrats können als Erkenntnisquelle dienen, aber auch Bürgermeister- und Stadtratskorrespondenzen werden nach Hinweisen auf Beschwerden durchsucht werden. Die Kommission wird Ende Oktober 2012 den nächsten Zwischenbericht erstatten.

Die Kommission hatte sich Ende November 2011 konstituiert. Richterin Barbara Helige leitet das Gremium mit vier Mitgliedern. Untersucht wird der Zeitraum von 1948 bis zur Schließung der Anstalt im Jahr 1977. Im Raum stehen etwa die schweren Vorwürfe zweier Frauen, die von Fällen von Kinderprostitution und Serienvergewaltigungen berichteten. Die Untersuchungen zu den Missbrauchsvorwürfen sollten eigentlich Ende 2012 abgeschlossen werden - mehr dazu in Missbrauch: Ergebnisse bis Ende 2012.

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