WU: Ausweichquartier für Parlament?

Das Parlament könnte 2016 in die alte Wirtschaftsuni übersiedeln. Es gebe in Wien nicht viele Gebäude, die sich als Ausweichquartier eigenen würden, hieß es. Die Ausschreibungen für die Sanierung starten unterdessen diese Woche.

Derzeit würden „ganz konkrete Gespräche“ mit der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) über einen möglichen Umzug des Parlaments in das Gebäude der Wirtschaftsuniversität geführt, so Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ).

Wenig Auswahl bei passenden Gebäuden

Laut Parlamentsvizedirektor und Projektleiter Alexis Wintoniak gibt es in Wien de facto nur ein geeignetes Objekt, das als Ausweichquartier infrage kommt. Eine endgültige vertragliche Regelung mit der BIG ist aber noch nicht vorhanden. Das auch deshalb, weil - wie Prammer betonte - die Entscheidung über einen Umzug erst Mitte 2014 von den Parlamentsparteien getroffen wird.

Die Wirtschaftsuniversität Wien.

WU Wien

Endgültige Entscheidung erst Mitte 2014

Bis zum Sommer des übernächsten Jahres erwartet Prammer jedenfalls auch ein Konzept für den Umbau des Hohen Hauses, das nach gut 130 Jahren generalsaniert werden muss. Über das Ausmaß des Umbaus und die Frage, ob die Sanierung bei laufendem Betrieb stattfinden soll oder ob Nationalrat und Bundesrat für die Dauer der Bauarbeiten in ein Ausweichquartier übersiedeln, müssen laut Prammer letztlich die Fraktionen befinden.

295 Millionen Euro Gesamtkosten

Die Kosten wurden zuletzt mit bis zu 295 Mio. Euro veranschlagt, davon 35 Mio. Euro für das Ausweichquartier. Allerdings beruhe die Kostenschätzung, wie Prammer betonte, auf den Preisen des Jahres 2010 und enthalte keine Steuern. Grundsätzlich hofft die Präsidentin jedoch, Baukostenüberschreitungen durch ein „Bonus-Malus-System“ mit Anreizen für Kostensenkungen hintanzuhalten.

100.000 Euro für Bauprojektkontrolle

Am 3. August wird jedenfalls die Projektsteuerung für die Sanierung ausgeschrieben, drei Wochen später folgt die Ausschreibung der begleitenden Kontrolle des Bauprojekts, und im Spätherbst die ursprünglich schon für Anfang 2012 vorgesehene Ausschreibung der Generalplanung. Für die Ausschreibungen ist eine begleitende Kontrolle durch den Rechnungshof sowie durch einen von Transparency International vorgeschlagenen Rechtsanwalt vorgesehen. Dieser soll die Vorgänge laufend prüfen und bei Verdacht auf Absprachen oder Korruption Alarm schlagen.

Dass sich die Politik mit einer solchen begleitenden Kontrolle selbst unter Generalverdacht stellt, wies Prammer zurück: „Ich muss ja auch den Kopf hinhalten für alles, was ich nicht sehe, was hinter meinem Rücken stattfindet.“

Kosten wird die vorerst bis Mitte 2014 befristete Kontrolle durch den Anwalt Orlin Radinsky von der Kanzlei „Brauneis Klauser Prändl“ nach dessen Angaben maximal 100.000 Euro. Eva Geiblinger von Transparency International hofft auf eine Vorbildfunktion auch für andere öffentliche Vergabeverfahren. Bei Verdachtsfällen werde man sich jedenfalls „sofort zu Wort melden“.

FPÖ-Kritik: ÖVP verteidigt Prammer

Kritik an den Sanierungsplänen kam von der FPÖ. Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf erinnerte daran, dass Prammer ursprünglich mit einem Baubeginn für die Sanierung des Sitzungssaales noch im Jahr 2008 gerechnet hatte. Mittlerweile sei der Baubeginn um acht Jahre auf 2016 verschoben worden, kritisierte Graf. Er forderte Prammer außerdem auf, in Verhandlungen mit dem Finanzressort die nötigen Budgetmittel zu sichern.

ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf verteidigte Prammer gegen die Kritik und warf Graf vor, mit seiner „fundamentalen Kritik“ an Zeitplan und Kosten der Parlamentssanierung billig politisches Kleingeld zu wechseln. „Martin Graf scheint sich hier seiner Rolle als Dritter Präsident, dem auch eine parteiübergreifende Verantwortung zukommt, nicht bewusst zu sein“, so Kopf in einer Aussendung.

Kopf verwies auf die von Experten festgestellten Mängel bei Sicherheit und Haustechnik: „Eine Generalsanierung des Parlaments ist natürlich dringend notwendig, das Parlament ist nicht nur Sitz der Gesetzgebung, sondern auch eines der architektonischen Juwelen Wiens und Anziehungspunkt für Tausende Touristen.“

Sitzungssaal soll erhalten bleiben

Architekturexperten sprachen sich zuletzt für die Erhaltung des Nationalratssitzungsaales im Parlament aus. In den Plänen für den Umbau sehen sie eine „Zerstörung“ des Saales - mehr dazu in Parlament: Protest gegen Umbaupläne.

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