Frankls Sinnsuche geht weiter

Er fragte nach dem Sinn des Lebens - und begründete die Logotherapie. Vor 15 Jahren starb der Psychiater Viktor Frankl, die Sinnsuche aber blieb ein großes Thema. An seinem Todestag lädt das Frankl-Zentrum zu einer Diskussion darüber.

„Ich habe den Sinn meines Lebens darin gesehen, anderen Menschen zu helfen, in ihrem Leben einen Sinn zu finden“, beantwortete Viktor Frankl diese zentrale Frage für sein eigenes Leben. Für den Psychiater gab es einen letzten Sinn, „den wir nicht mit Vernunft und Verstand begreifen können, sondern einen gewissen Glauben dafür benötigen.“ Finden könne man diesen dennoch „auch diesseits der Religion.“

„Krise des Sinns“ wichtiger als Wirtschaftskrise

Wenn der Mensch wisse, wozu, entwickle er verborgene Kräfte, sagte Frankl. Die „Krise des Sinns“ sei deshalb auch viel wichtiger als eine ökonomische oder eine ökologische Krise. Er war auch davon überzeugt, „dass man stärker sein kann als die Angst und seinen inneren Schweinehund überwinden kann.“ Auch Frankl selbst lebte nach diesem Motto: Obwohl oder vielleicht gerade weil er Angst vor dem Klettern hatte, ging er bis ins hohe Alter in die Berge.

Viktor E. Frankl

APA/ROBERT JAEGER

Das Gefühl der Sinnlosigkeit dagegen beschrieb er 1970 zum ersten Mal. Studien zufolge waren damals zehn bis 20 Prozent der Bevölkerung von diesem Gefühl betroffen. In den vergangenen Jahren habe sich dieser Prozentsatz geradezu verdoppelt, zitiert das Frankl-Zentrum aus aktuellen Untersuchungen. Auch darauf geht Elisabeth Gruber in ihrem Festvortrag zum Todestag des Psychiaters ein.

„Wille zum Sinn“ als Überlebensfaktor im KZ

Das Aufzeigen von „Sinnmöglichkeiten“ war Frankls zentraler Therapieansatz. Selbst Depression und Selbstaufgabe seien auf diese Weise kurierbar, meinte er. Sogar im Konzentrationslager sei dieser „Wille zum Sinn“ ein Überlebensfaktor gewesen. Seine Eindrücke und Erfahrungen im KZ verarbeitete der Psychiater in „... trotzdem Ja zum Leben sagen“. Das Buch verkaufte sich neun Millionen Mal, die „Library of Congress“ in Washington wertete es als „eines der zehn einflussreichsten Bücher“ in Amerika.

Veranstaltungshinweis

„Das Sinnlosigkeitsgefühl - DIE Herausforderung unserer Zeit“, 2. September, 11.00-12.30 Uhr, anschließende Diskussion, Neues AKH, Hörsaal 4, Ebene 8

Frankl wurde 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Sein Vater starb dort 1943, seine Mutter starb in der Gaskammer von Auschwitz, seine erste Frau Tilly kam im KZ Bergen-Belsen ums Leben. Frankl selbst wurde 1945 von der US-Armee aus dem Lager Dachau-Türkheim befreit.

„Dritte Wiener Schule der Psychotherapie“ begründet

In den drei Jahren, die er in verschiedenen Konzentrationslagern verbrachte, schrieb der Arzt auch ein wissenschaftliches Werk zu Logotherapie und Existenzanalyse. Das erstes Manuskript, „Ärztliche Seelsorge“, wurde jedoch vernichtet. Frankl rekonstruierte es nach seiner Heimkehr 1946. Er schrieb 31 weitere Bücher, 29 Ehrendoktorate wurden ihm verliehen.

Viktor Frankl bei der Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien 1995

APA/HANS TECHT

Viktor Frankl 1995 bei der Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien

Die Studien Frankls hatten ergeben, dass der Mensch sinnorientiert ist. Damit glaubte er, Sigmund Freuds Triebtheorie, aber auch Alfred Adlers Annahme, dem Menschen ginge es um Kompensation von Minderwertigkeitsgefühlen oder um Macht, widerlegt zu haben. Als Vater der „dritten Wiener Schule der Psychotherapie“ wurde Frankl weltweit bekannt.

Neben der Logotherapie ist auch die Existenzanalyse Teil dieser Lehre. Existenz definierte Frankl als „Eigenart des Menschseins“. Er ging sowohl von einer unbewussten Triebhaftigkeit als auch von einer unbewussten Geistigkeit aus.

Viktor Frankl Fonds der Stadt Wien

Frankl starb am 2. September 1997. Zwei Jahre danach gründete die Stadt Wien den „Viktor Frankl-Fonds für humanistische sinnorientierte Psychotherapie“. Dieser Fonds vergibt Preise und Stipendien für wissenschaftliche und therapeutische Arbeiten. 1995 wurde dem Psychiater die Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien verliehen.

Links: