Stradivari-Prozess: Sechs Jahre Haft

„Ich bin gescheitert, auch im persönlichen Leben, und habe meine geliebte Frau verloren“, sagte der Angeklagte im Stradivari-Prozess am Landesgericht in seinem Schlusswort am Freitag. Der 63-Jährige wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt.

„Sie haben hoch gespielt und hoch verloren, aber die Einsicht gezeigt, dass Sie dafür die Verantwortung übernehmen müssen“, so Richterin Claudia Moravec-Loidolt in ihrer Urteilsbegründung. Der Hauptangeklagte wurde wegen Veruntreuung und betrügerischer Krida zu sechs Jahren Haft verurteilt, seine Ex-Frau und deren Mutter zu jeweils einem Jahr auf drei Jahre bedingt. Alle Urteile sind nicht rechtskräftig.

Angeklagter Geigenhändler, der Stradivari unterschlagen haben soll, vor Prozessbeginn im Wiener Landesgericht

APA/Herbert Neubauer

Das Urteil gegen den Geigenhändler ist nicht rechtskräftig

Geständnis als Milderungsgrund

Mildernd wertete die Richterin die bisherige Unbescholtenheit sowie das umfassende und reumütige Geständnis des 63-Jährigen. Erschwerend wogen hingegen die enorme Schadenssumme und dass er seine Geschäftspartner „ziemlich gelegt“ hatte, wie es Moravec-Loidolt formulierte.

Ex-Frau und Ex-Schwiegermutter waren zwar nicht geständig, kamen aber mit der Mindeststrafe davon, da der Schöffensenat annahm, dass auch sie vom Angeklagten lange hinters Licht geführt worden waren. Die beiden Frauen waren in Zusammenhang mit dem Vorwurf angeklagt, der Mann habe Bestandteile seines Privatvermögens wie Kameras, Uhren und Geigen beiseitegeschafft, um die Interessen seiner Gläubiger zu schmälern.

Pleite im Jahr 2010

Der Angeklagte, der auf die Vermittlung kostbarer historischer Streichinstrumente spezialisiert war, war 2010 mit seinen Gesellschaften in die Pleite geschlittert. Von Außenständen jenseits der 150 Mio. Euro war die Rede. Allein ein Privatbeteiligtenvertreter fordert nun vor Gericht 80 Millionen Euro ein.

Weiters soll der Mann Streichinstrumente, die ihm in Kommission zum Verkauf anvertraut worden waren, unterschlagen oder zur Besicherung neuer Kredite verwendet haben. Ein Betrugsvorwurf bezüglich eines inhaltlich unrichtigen Wertgutachtens, auf dessen Basis ein Darlehen aufgenommen wurde, musste ausgeschieden werden, da der diesbezügliche Hauptbeschuldigte erkrankt ist.

Der Geschäftsmann bekannte sich schuldig: „Hier gibt es nichts zu deuteln, und dafür werde ich zu bestrafen sein.“ Er habe nicht aus Not um das eigene Brot gehandelt, „sondern weil ich das verhindern wollte, was jetzt eingetroffen ist“. Wenn er um ein mildes Urteil bitten würde, wäre das eine Frechheit, aber es sei sein größtes Anliegen, von seiner Schuld möglichst viel wiedergutzumachen, so der ehemalige Schlossbesitzer, der sich auch eines umfangreichen Fuhrparks erfreute.

Staatsanwalt: Keine Notsituation

Zuvor hatte Staatsanwalt Herbert Harammer in seinem Vortrag festgestellt: „Was ein Drama interessant macht, ist die Fallhöhe der Hauptfigur - in diesem Fall selbst erzeugt durch Hybris (Hochmut, Anm.).“ Auch die vorgebrachte Notsituation wollte der Ankläger unter Verweis auf viele andere, die aus Hunger bzw. wirklicher Not straffällig werden, nicht so recht abnehmen. Der Geschäftsmann sei zuletzt auch nicht ins anatolische Hochland oder nach Rumänien geflüchtet, sondern nach Zermatt, „einem der teuersten Pflaster auf unserem Planeten“.

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