Experten kritisieren Volksbefragung

Die Wiener Volksbefragung von 7. bis 9. März ist nach Ansicht von Politikberatern und Meinungsforschern nicht der große Wurf. Sie bemängeln etwa „schwammige und verwirrende“ Formulierungen der Fragen und sprechen von abstrakten Themen.

Die Themen hätten nur wenig mit der täglichen Lebenswelt der Bürger zu tun, gaben die Experten bei einem APA-Rundruf zu bedenken. Die zeigten sich bezüglich des Mobilisierungspotenzials skeptisch. Außerdem konkurriere die Volksbefragung mit anderen (Landtags-)Wahlgängen um mediale Aufmerksamkeit.

Im Bild: Ein Werbesujet zur Volksbefragung; fotografiert am Dienstag, 05. Februar 2013, in Wien

APA/Georg Hochmuth

Ein Werbesujet zur Volksbefragung

Hofer: Neue Befragung aus Notlage heraus

„Es wird ganz schwer, in Wien den emotionalen Zug auf die Strecke zu bringen“, erklärte Politikberater Thomas Hofer. Die Ausgangslage sei eine gänzlich andere als bei der vergangenen Wiener Volksbefragung 2010. Weil die Kommunikation über die Parkraumbewirtschaftung schiefgegangen sei, habe man aus einer Notlage und einer Defensivsituation heraus die neue Befragung initiiert.

Laut Hofer haben beide Parteien jeweils eine Frage eingebracht, deren Ergebnis sie auf jeden Fall feiern können. Bei der SPÖ sei das die Privatisierung des kommunalen Betriebs, bei den Grünen die Nutzung Alternativer Energieformen. Hier handle es sich um den Versuch, bestehende Parteipositionen zu untermauern.

Die Fragestellungen hält Hofer zum Teil für suggestiv, wie etwa jene der Privatisierungen. „Das ist keine Entscheidungsfrage“, so der Politikexperte. Zum Teil seien die Fragen auch „äußerst schwammig und verwirrend formuliert“ wie etwa die Parkpickerl-Frage. Alleine mit Wien als Olympia-Stadt habe man ein heiß debattiertes Thema, „mit dem man vielleicht ein bisschen was schaffen kann“.

Filzmaier: Konkretheit leidet

Den Versuch zu emotionalisieren und die Vermischung mehrerer strategischer Absichten sieht Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Es sei vor allem darum gegangen, das Thema Parkpickerl nicht alleine abzufragen.

Deshalb hätten sich die Regierungsparteien Themen gesucht, bei denen es wie bei der Privatisierung des Wassers kaum Gegner gebe oder die Informationslage wie bei Olympia sehr abstrakt sei. „Durch diese strategischen Hintergründe leidet die Konkretheit, das könnte auch ein Mobilisierungsproblem ergeben“, so Filzmaier gegenüber der APA.

Bei mehreren Fragen gebe es keine klaren Sieger oder Verlierer und das Risiko eines ungewünschten Ergebnisses minimiere sich. „Man überlagert das Thema Parkpickerl mit anderen Fragen, die keine unmittelbare Brisanz haben“, erklärte Filzmaier. 2010 hätten noch alle Fragen mit der täglichen Lebenswelt der Wiener zu tun gehabt, das sei bei der heutigen Befragung kaum der Fall.

Auswirkungen auf Nationalratswahl eher gering

Dennoch sei mehr direkte Demokratie grundsätzlich zu begrüßen: Auch wenn Parteitaktik, ungenügende Informationen im Vorfeld und falsche Zeitabläufe Volksbefragungen häufig bestimmten, dürfe man nicht das Instrument an sich infrage stellen. „Wenn ich direkte Demokratie ernst nehme, muss ich regelmäßig Befragungen durchführen“, zeigte sich Filzmair überzeugt.

Die Auswirkungen auf die Nationalratswahl im Herbst beurteilen sowohl Hofer als auch Filzmaier als sehr gering. „Die Themen sind nicht geeignet, bundespolitisch eine große Rolle zu spielen“, meinte Hofer. Filzmaier sah bestenfalls „organisationspraktische Auswirkungen, wenn die Parteien ihre Apparate schon mobilisieren und zum Laufen bringen.“

Beutelmeyer sieht „nicht beherrschbare Themen“

Werner Beutelmeyer vom market-Institut sieht in den Themen durchaus Mobilisierungspotenzial, „da sie sehr unterschiedliche Zielgruppen betreffen und sehr breitflächig gewählt sind.“ Dennoch sei die Befragung ein „gefährliches Spiel der Politik“. Denn wenn ein klarer Entscheid des Volkes vorliege, sei die Politik auch gefordert, Lösungen zu finden und diese umzusetzen. Geschieht das nicht, müssten die Regierungsparteien mit großer Enttäuschung bei den Wählern rechnen. Alternative Energien, Wasserprivatisierung oder Olympia könnten schnell zu „nicht beherrschbaren Themen“ werden.

Bei der Volksbefragung von 7. bis 9. März können die Wienerinnen und Wiener ihre Meinung zu den Themen Parkpickerl, Olympia, Energieprojekte und Privatisierung kundtun - mehr dazu in Vier Fragen bei Volksbefragung.

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