Drogensubstitution: „Versachlichung“ gefordert

Die Überlegung, die Substitutionstherapie abzuschaffen, überrascht den Wiener Drogenbeauftragten Alexander David nicht. Die Diskussion sei nicht neu. Sein Rat: „Versachlichung hilft den Patienten, Verpolitisierung ist schlecht.“

David arbeitet seit Jahren als Drogenbeauftragter der Gemeinde Wien und war von Anfang an in der Substitutionstherapie engagiert. 1987 begann er damit, die ersten Opiatabhängigen mit dem Substitutionsmittel Methadon zu behandeln.

„Aktivitäten“ anfangs nur toleriert

Presslich, Psychiater von der Universitätsklinik - sozial höchst engagiert, ein Mitbegründer der Österreichischen Aids-Hilfe - stand dabei unter dem Schutz der Universität Wien, weil er das als Forschungsprojekt deklarierte. Davids parallele Aktivitäten, er ist Allgemeinmediziner, wurden von den Wiener Gesundheitsbehörden stillschweigend toleriert. Man wartete dringend auf die Ergebnisse.

Drogensubstitution

APA/Hochmuth

Erste Versuche mit Drogensubstitution im Jahr 1987

Ein Grund: In Tirol waren bereits Gerichtsverfahren gegen zwei Ärzte gestartet worden, die Opiatabhängige per Substitution behandelt hatten. Das zweite Faktum, so David: „HIV und Aids als Tragödie, das hat damals die Entwicklung beschleunigt. HIV hat der Gesetzgebung damals ordentlich Beine gemacht.“ Es ging darum, durch die Substitutionstherapie möglichst viele Opiatabhängige vom Injizieren von Heroin wegzubringen. Infektiöses Spritzenbesteck ist ein Hauptübertragungsweg für HIV, Hepatitis B und Hepatitis C.

„Innerhalb sehr kurzer Zeit waren damals die Drogenkranken zu der größten Gruppe unter den HIV-Infizierten geworden,“ so der Wiener Drogenbeauftragte weiter. Österreich habe damals durchaus eine Vorreiterrolle in Europa gespielt: „Deutschland war da zum Beispiel extrem restriktiv, Österreich war innovativ.“ Auch die Schweiz hätte erst nach bitteren Erfahrungen einen ähnlichen Weg beschritten.

Gutes Behandlungsnetz als Voraussetzung

Für David kommt es vor allem auf Bildung eines ausreichenden Behandlungsnetzes an: „Wir haben die Substitutionstherapie zum Hausarzt hingebracht. Es ist voll gelungen, die Behandlung in die Medizin der Bevölkerung zu integrieren. Wir brauchen die Hausärzte, wir brauchen auch unbedingt die Psychiater - und wir brauchen die spezialisierten Zentren.“

Diskussionen zu dem Thema werde es wohl immer wieder geben, so der Experte. Traditionell würden immer wieder eher „restriktiv und ordnungspolitisch denkende Exponenten und Verantwortungsträger“, welche die Behandlung der Patienten an die oberste Stelle rückten, kontroversielle Meinungen äußern.

Breite Kritik an Plänen

Wiens Gesundheitsstadträtin, Sonja Wehsely (SPÖ), übte zuletzt scharfe Kritik an den Plänen. Der Vorstoß sei eine plumpe Wahlkampfstrategie der ÖVP, so Wehsely. Auch die Wiener Ärztekammer ist dagegen - mehr dazu in Drogensubstitution: Kritik der SPÖ.

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