Votivkirche: Sprecher in Schubhaft
Nadja Lorenz, die Wiener Anwältin des 33-jährigen Pakistani, und die Polizei bestätigten am Freitag, dass über den Mann die Schubhaft verhängt wurde. Gegen ihn liegt ein rechtskräftiger negativer Asylbescheid vor. Seit Beginn der Protestaktion in der Votivkirche war er in mehreren Pressekonferenzen als Sprachrohr der Asylsuchenden tätig und bis zuletzt in Verhandlungen mit Kirchenvertretern und Behörden eingebunden.
Das Innenministerium betonte am Freitag, dass Abschiebungen nach Pakistan im Rahmen eines seit 1. Dezember 2010 geltenden EU-Rückübernahmeabkommens sehr wohl möglich seien, in der Vergangenheit auch stattgefunden hätten und es in Zukunft auch wieder geben werde. Allerdings werde als Prämisse immer die freiwillige Heimreise angestrebt.
APA/Herbert P. Oczeret
Ein Sprecher der Flüchtlinge wurde in Schubhaft genommen
Polizei: „Routinemäßige Kontrolle“
Die Fremdenpolizei hatte am Donnerstag am frühen Abend vor der Votivkirche mit einer größeren Kontrollaktion begonnen. Laut Roman Hahslinger, Sprecher der Wiener Polizei, war es eine „routinemäßige Kontrolle“. Streifen der Fremdenpolizei hatte es im Park zuletzt mehrfach gegeben, weil sich dort immer wieder Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung für Österreich aufhielten.
Die Festnahme des 33-Jährigen sei dabei keine politisch motivierte Aktion gewesen, so Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Freitag: „Wir haben von der ersten Minute an mit viel Fairness Gespräche geführt und gesagt, dass wir uns jedem Einzelschicksal widmen. Wir haben aber auch klar signalisiert, dass es keine strukturellen Änderungen im Asylwesen geben wird.“
Tumult nach Festnahme
Nach der Festnahme des 33-Jährigen hatten sich tumultartige Szenen entwickelt. Eine Unterstützerin der Flüchtlinge wollte die Festnahme verhindern. Laut Polizei griff sie einen der Beamten von hinten an und zerriss ihm die Jacke. Das hatte für die 47-jährige Österreicherin Anzeigen wegen tätlichen Angriffs und schwerer Körperverletzung zur Folge.
Einige andere Flüchtlinge stürmten los und rannten in das Büro der Österreichischen Hochschülerschaft, das sich hinter der Kirche am Rooseveltplatz befindet. Sie verbarrikadierten sich im Büro. Weil die Polizisten keinen Durchsuchungsbefehl hatten, zogen sie zwei Stunden später wieder ab. Bei den Kontrollen wurden insgesamt neun Personen kontrolliert. Drei von ihnen wurden angezeigt, weil sie offenbar illegal nach Österreich eingereist waren.
„Unwürdige Jagdszenen rund um Kirche“
Vor der Kirche versammelten sich rund hundert Unterstützer. SOS Mitmensch sprach von unwürdigen Jagdszenen rund um die Kirche. Ein Sprecher des Flüchtlingscamps kritisierte am Freitag, dass der 33-Jährige zu Boden gerissen worden war - „ohne ihn vorher überhaupt anzusprechen“.
Die Grünen kritisierten den Zeitpunkt der Festnahme. Es wäre nämlich gerade eine Lösung mit den Flüchtlingen absehbar gewesen, meinte etwa Gemeinderat Klaus Werner-Lobo. Die Caritas betonte, dass die Flüchtlinge in der Kirche weiter unter dem Schutz der Diözese stünden. Die Lage in der Kirche war am Freitag ruhig. „Aber die Verunsicherung ist groß, für viele ist unklar, wie es weitergeht“, so Caritas-Sprecher Klaus Schwertner.
Nicht die erste Festnahme
Erst am vergangenen Dienstag appellierte Wiens Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn an die Flüchtlinge in der Votivkirche, sie mögen in ein ordentliches Quartier übersiedeln und mit den Behörden kooperieren - mehr dazu in Schönborn appelliert an Votiv-Flüchtlinge.
Mit dem Sprecher der Flüchtlinge ist nicht der erste Flüchtling aus der Votivkirche festgenommen worden. Anfang der Woche hatte die Polizei bereits einen Flüchtling aus der Votivkirche festgenommen und in Schubhaft überstellt. Zuvor waren schon zwei Flüchtlinge aus der Votivkirche nach Ungarn abgeschoben worden - mehr dazu in Votivkirchen-Flüchtling in Schubhaft.
Link:
- Flüchtlinge in Votivkirche: Eine Chronologie (wien.ORF.at)